KategorieLicht am Stelldichein

Übersetzen


1
Kunst ist keine Macht, sie kann nur Trost sein. Wenn sie frei sein soll, darf sie auch keine Aufgabe haben. Was nicht heißen sollte, dass sie keine Kraft hat, im Gegenteil.

2
Der Andere ist die Begründung für das eigene Leben. Vielleicht ist es einfacher, wenn man nicht liebt.

3
Liebe

4
Psychogeographie

5
Ich werde nicht damit aufhören, den Aspekt Spiritualität in meinem Leben zu pflegen.

6
Wir treffen einander zufällig bei der Mutter im Pflegeheim. Heute sitzen wir das erste Mal im Kaffeehaus. Hier ist es doch entspannter und persönlicher als in der Wohngruppe. Der Kuchen ist frisch gemacht und schmeckt uns allen gut. Der Kaffee ist lauwarm. Die Betreuerin hätte uns eh einen Spritzer empfohlen…

7
Auf der Rolltreppe zur S-Bahn sagt ein Mann zu uns: „Lasst Euch nicht stören“

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Er meint, er denke gar nicht so viel. Es sehe nur so aus.

9
Wenn Du nicht genau hinschaust, meinst Du, ich hinke. Aber, ich hinke nicht! Ich bin einfach nur ernst.

10
Du bist auf der Flucht, sagt er zu mir

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Rote Stöckelschuhe in Passau kaufen.
Die Farben der drei Flüsse von oben fotografieren.
Sodbrennen haben.

12
Jupiter und Venus waren so nah beieinander, wie schon lange nicht mehr.

Verborgenes


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Die Liebe ist nicht ohne Leiden zu haben.

2
Hoffentlich seid Ihr jetzt über den Berg und die vielgerühmte doppelte Kraft nach einer überstandenen Krankheit hält Einzug bei Euch! Ich trinke Hirtentäscheltee. Aber sonst geht’s mir sehr gut!

3
Mit der Zeit, also im Laufe der vergangenen 57 Jahre, gelingt es, mir einen Sinnierraum einzurichten. Einen Raum, den ich überall hin mitnehmen kann. Die Fähigkeit des Schauens von etwas, das bislang den Augen verborgen geblieben war, ist somit ein Vorzug des Älterwerdens.

4
Ich sehe eine Wildschweinfamilie quer über die Straße laufen. Ich sehe einen Silberreiher in der sumpfigen Brache stehen. Ich sehe Fledermäuse bei Nacht und Mauersegler bei Tag. Was haben wir einander zu sagen, was bedeuten wir einander?

5
An manchen Tagen muss ich verstummen, weil kaum Blut bleibt, um durch Herz und Hirn zu fließen.

6
Wenn man auf einen hohen Berg steigt, hat man schon einen Teil der Erdatmosphäre unter sich.

7
Je mehr ich nachdenke, desto mehr geht mir durch den Kopf. Heute trinke ich schon am Vormittag ein Glas Frizzante. Das benebelt mich ein bisschen.

8
Am Nachbarbalkon sitzt eine Krähe immer an derselben Stelle in derselben Haltung. Ich brauche zwei Tage, um zu bemerken, dass es eine Attrappe ist. Bei einem genaueren Rundblick auf das Häuser-Dächermeer aus der Dachgeschosswohnung entdecke ich noch eine zweite Plastikkrähe dieser Art. Sollen sie bewirken, dass sich weniger Tauben niederlassen? Sie lassen sich nicht abschrecken.

9
Er empfiehlt mir, zwischen den Zeilen zu leben, jetzt, hier in der Stadt, nicht „zu mir zu kommen“ (ist schon ziemlich abgelutscht, dieser Ausdruck!), sondern zwischen die Zeilen. Das ist ein ungewöhnlicher Wunsch, den ich mir auf die Stirn schreibe. Im Normalfall wiederhole ich mich zu oft. Neue Saiten aufziehen sei mir Programm!

10
Die Straßenbahngleise vom 71er beim Zentralfriedhof werden saniert. Tolles Werkzeug liegt neben den herausgerissenen Schienen. Und massive Holzpflöcke. Die Arbeiter sehen in dieser aufgeräumten Stadt aus, wie einer anderen Welt entstiegen. Zwischen den Schienen liegen lauter Betonplatten. Zum Teil sind sie herausgehoben. Darunter liegt blanke Erde. Die Abflussrohre werden neu verlegt. Hoffentlich wissen die Tiefbauer, was sie tun. Alles sieht trotz der massiven Baustoffe sehr verletzlich aus, leicht zerstörbar. Die Natur scheint mir bei diesem Anblick ungleich stärker gegenüber dem, was Menschen machen können.

11
Zuneigung zu Steinen empfinden…

Krank sein, gesund sein, meistens irgendetwas dazwischen sein …

Der Frau zuhören, die in der Nacht bei offenem Fenster lauthals in einer mir unbekannten Sprache mit irgendjemandem stundenlang telefoniert …

Daran glauben, dass es auf dieser Welt keinen uninteressanten Menschen gibt …

12
Viele Bücher liegen neben meinem Bett. In einigen lese ich. Hab diesbezüglich eine gute Phase. Was meinen wir, wenn wir das Wort »Liebe« in den Mund nehmen, worum geht es, wenn von »lieben« die Rede ist? Die zu lesenden Texte und die Figuren, die in ihnen zu Wort kommen, lassen verschiedene Interpretationen dieses Wortes zu. Was verdient es, »Liebe« genannt zu werden?

Weben


foto: Christa Plößnig

1
Milena aus Prag kündigt ihren Besuch an. Sie kommt aus einem anderen Jahrhundert zu mir und sie wird nicht viel Zeit mitbringen. Wir werden sie zu nutzen wissen. Sie ist ein lebendiges Feuer. Sie sagt, zwei Stunden Leben sind mehr als zwei Seiten Schrift. Sie wird sehr früh mit dem Zug anreisen, so plane ich, sie am Hauptbahnhof in Wien abzuholen und bei einer Tasse Kaffee im Café am Heumarkt eine erste Plauderstunde einzulegen. Vielleicht mag sie einen Apfelstrudel. Oder doch lieber Reisfleisch mit grünem Salat?

2
Ich werde Milena bitten, mit mir ein bisschen durch die Stadt zu streunen, an jene Plätze, die ihr von früher in Erinnerung geblieben sind, die Bedeutung für sie haben. Sie war schon viele Jahre nicht mehr hier zu Gast, was sie wohl heute von dieser Stadt hält?
Ich nehme mir vor, sie nicht mit allzu vielen Fragen zu bedrängen, weil ich weiß, dass sie ungefragt erzählen wird, weil sie wachsam ist und in meinen Augen lesen kann…Sie wird mir erzählen von den Frauen in ihrem Leben, ihrer viel zu früh verstorbenen Mutter, von ihren Arbeitskolleginnen im Verlag und ihren Mitstreiterinnen im Lager. Sie wird mir davon erzählen, wie sie es immer wieder verstanden hat und versteht, ihre Angst zu überwinden, um unerschrocken für Gerechtigkeit oder das Stillen einer Sehnsucht zu kämpfen. Sie wird mir sehr ausführlich von ihrer Tochter erzählen, von deren Entwicklung und den kleinen, feinen Geschichten, die sie beide einander zuflüstern, wenn sie sich nicht sehen können … was wünscht sie sich für diesen jungen Menschen?
Und spätestens nach dem zweiten Achterl Wein im Café Carmen wird sie mir davon erzählen, was es für sie bedeutet, ein Leben zu führen, in dem nichts fehlt, das durchtränkt ist von Einsamkeit, Glück und Liebe, ein Leben, das der Erde sehr nahe ist. Und ich, redselig geworden durch den Alkohol, werde nun doch von ihr wissen wollen, ob es eine Form der Beziehung gibt, die größer ist als die Liebe.

3
Ob wir es danach noch schaffen, pünktlich zum Abendessen mit Janosch, Fuzzman und meinem Mann im JüdischeMuseum zu erscheinen?

4
In der „Goldenen Spinne“ habe ich ein Zimmer für sie reserviert. Es bleiben ihr nur ein paar Stunden Schlaf, da ist dieses Hotel die richtige Wahl. Ich habe das Zimmer mit der goldenen Wand genommen. An ihr hängt ein Spiegel mit goldenem Rahmen und eine Frauenporträt. Das große Fenster lässt viel Licht herein. Sie kann den Blick auf Stadtpark und  Stephansdom richten. Sie wird ein Bad in der großen Wanne nehmen, das wird ihr guttun nach dem langen Tag.

5
Wohin wird ihre Reise sie nach dem Wienaufenthalt weiterführen? Sie hält sich diesbezüglich bedeckt.

6
Ich fahre heuer im Sommer an die Ostsee. Ich plane die Route so, dass ich am Schwedtsee eine kurze Rast einlegen kann.

Mail

1
Heute lese ich folgenden Satz in einer Mail: „Lieben geht nur in der Langsamkeit, Liebe braucht Zeit.“
Inhalt und Versandart stimmen nicht überein.

2
Ich bring eine weiße Flamingoblume zu unserem Treffen in einem einfachen Bistro in der Stadt. Wir kennen einander von frühester Kindheit an und haben uns Jahrzehntelang lang nicht gesehen.  Er kommt tadellos gekleidet zu unserer Verabredung: Anzug, Gilet, weißes Hemd. Seine Gesichtsfarbe ist sehr hell. So kenne ich ihn. Er nimmt sich kaum Zeit, an die frische Luft zu gehen. Er sitzt wohl nach wie vor lieber bei seinen Büchern.

Er erzählt von seiner Schulzeit. Er erzählt davon, viel zu spät erfasst zu haben, dass er gar nicht so viel tun muss, um durchzukommen. Er, der Introvertierte,  hatte keine Freunde in der Klasse. Er erzählt vom letzten Jahr vor der Matura, das er lieber zuhause verbrachte als in der Schule, dorthin nur zu den Prüfungen ging, weil das trostlose Absitzen in freudloser Umgebung keinen Sinn machte.

Vor Jahren hat er eine 1000seitige Glockenkunde von Österreich veröffentlicht. Er kann jede Kirchen- und Kapellenglocke Österreichs an ihrem Klang identifizieren.

Er macht jetzt eine weitere Ausbildung. Für die Erstellung eines Herbariums wird er eine alte Holzschatulle seines Vaters verwenden, eine Laubsägearbeit, die dieser vor 70 Jahren im Gymnasium in Tanzenberg anfertigte und die er, der Sohn, am Dachboden des Geburtshauses seines Vaters entdeckte. Bei der Bewertung der 120 gesammelten Pflanzen, wird auch die Aufmachung und Verzierung des Kästchens herangezogen und  sollte maßgeblich zum einem guten Prüfungsergebnis beitragen. (Schon wieder Schule?)

Jeden Abend telefoniert er mit seiner Mutter. Er mag keine E-Mails schreiben, das kostet ihn so viel Zeit, weil er den Ehrgeiz hat, keine Fehler zu machen, es formal auch gut hinzukriegen und eben einen guten „Aufsatz“ abzuliefern.

Mitten im Gespräch sagt er zu mir: “Ich freu mich sehr, ich kann es nur nicht zeigen, morgen werde ich es erst realisieren, und es mein Leben lang nicht vergessen.“ Es tut mir leid, kein Foto von uns beiden gemacht zu haben.

3
Immer wenn wir den Weg ins Mölltal über den Neumarktersattel nehmen, fahren wir an dem Dörfchen Mail vorbei. Liebenfels, auch das ist ein schöner Ortsname!

Erschöpfung

1
Die große Müdigkeit hat mich gestern Abend erreicht. Und heute ziehen deren Ausläufer wie ein feiner, zäher Schleim über den ganzen Tag. In der Arbeit ist die Ablenkung Erholung. Die anderen halten mich aufrecht. Das Arbeitspensum. Die Menschen, die etwas brauchen oder wollen. Die schönsten Stunden sind jene am frühen Morgen. Ich sollte wieder einmal zu essen aufhören, dann kommt die Energie zurück.

2
Jedes Mal vor meinem Dienst stehe ich vorm Spind und höre mich zu ihm sagen: „Kasten, ich möchte dich nie wieder aufsperren!“ Ich stelle mir vor, wenn ich ihn das letzte Mal ausräume, darin einen kleinen Zettel für meine Nachfolgerin zu hinterlassen, auf den ich schreibe: „Ich wünsche Dir Freiheit!“

3
„Du bist erschöpft, eh klar!“ Das darf genau niemand zu mir sagen!

4
Sechs Wochen Kur? Sechs Wochen im Kreis mit 12 anderen Belasteten zusammensitzen und mir ihre Geschichten anhören??

5
Die Gegenwartserschöpfung ist keine Befindlichkeit, sondern ein politischer Zustand.

6
Können bitte einmal alle damit aufhören!

7
Man sollte eine Zeitlang durch den Wald gehen und zu schreien beginnen. Es sollte ein lautes, unermüdliches Schreien sein bis hin zur Erschöpfung am Ende sollte man vergessen haben, was einen so umtreibt. Man sollte nur noch den Körper spüren, sein Zittern, seine Ermattung.

8
„Ich habe für eine Beschwerde bei der Mobbingstelle keine Kraft mehr!“, sagt er

 „Hoffnung habe ich keine mehr, aber Kraft hab ich noch!“, sagt sie.

„Die Therapeutin habe ich aufgrund ihres Vornamens ausgewählt. Sie heißt so wie meine Enkeltochter“, sagt eine andere.

 „Ich war meist etwas müde und konnte somit alles gut genießen“, schreibt mir meine Schwester.

Was mir das Auffallendste ist: meine Gefühlsarmut. „Blende es aus. Blende einmal alles aus, was weh tut“, sag ich zu mir.

9
Motorsensen können ganz schön penetrant sein.

Die Zeit haben, etwas ausklingen zu lassen, … das Gespräch oder einen Arbeitstag oder das gehörte Lied…

„Los lei lafn“, sagt Fuzzmann

10
Beide sitzen wir fest in unseren Leben und können nicht zueinander.

11
So tun, als ob es regnet.
Ins Grün schauen.

 

 

 

Verrückt


1
Ich will mich wieder so einkriegen, dass ich schön bin für andere!

2
Er studiert auf dem zweiten Bildungsweg Psychologie, um so die eigene Meise zu therapieren.

3
Das Ganze dauert eine gute halbe Stunde am helllichten Tag. Die Frau, die rabiat wird, ist noch relativ jung und sieht gar nicht verwahrlost aus. Sie spricht sehr laut, schreit allerdings nicht und ist trotzdem im ganzen Lokal zu hören. Ihre Behauptungen und Anschuldigungen werden immer wüster und unzusammenhängender. Die Besatzung ist nicht in der Lage, sie – zuerst mit gutem Zureden und später mit eindringlichem Verweis – dazu zu bewegen, die Bar zu verlassen. Im Raum macht sich Unruhe breit. Inzwischen wird Unterstützung gerufen, drei Polizisten kommen und versuchen nun, die Frau zu beruhigen. Sie schaffen es. Wie auch immer. Es ist wohl die Mischung aus Uniform und ausführlicher Aufmerksamkeit. Drei Polizisten sind für eine halbe Stunde ganz für sie da. Zu viert verlassen sie in aller Ruhe die Bar, hinaus auf den Yppenplatz.

4
Wir telefonieren oft miteinander. Es gibt  große Unterschiede in diesen Gesprächen. Manchmal ist sie die große Weise und ein anderes Mal blickt sie nicht über ihren Tellerrand, der mit Nachbarinnen und Vereinsleben und derlei Hickhack vollgeräumt ist. Es gefällt mir, dass sie mich heute Abend dazu ermuntert, doch noch ein Schnäpschen zu trinke und mich dabei auf den Tisch zu setzen, um mit den Füßen zu baumeln.

5
Er sitzt auf einer Anhöhe über dem Dorf, in dem er seit 55 Jahren lebt. Er sagt: „Ich komme mir hier so richtig fremd vor, als wäre ich ein Flüchtling.“

6
Es hat Minus Acht Grad Celsius. Heute begegnet mir bereits der zweite Mann, der mit kurzer Hose unterwegs ist. Auf dem Kopf trägt er eine dicke Mütze.

7
Es ist verrückt, nicht alles liegen zu lassen, um Dich zu besuchen.

Moment

1
…jener, an dem Du es wagtest, mich anzusprechen.

2
Ich kann ruhig langsamer werden.

3
Ich kehre am Morgen mit einem Besen unseren Küchenboden. Holzspäne. (Du hast gestern im Wald Holz gemacht und sie mit deinem Hemd ins Haus gebracht) Zwiebelschalen vom Abendessenkochen. Rote Blütenblätter. (Der Sonnenhutstrauss am Tisch lässt Federn.) Staub.

4
Martha, denk an die Musiker, an den Puppenspieler, an den Zauber des Abends, an den feinen Stoff der Puppenkleider, die Figur der Nacht in ihrem hauchdünnen, schwarze Glitzer. Denk an die Träume, die wie Würmer und Kröten und Fabelwesen über die Bühne schweben. Der Drache speit eine Rauchwolke aus. Sie bleibt als schwebendes Monument in der Luft stehen, bewegt sich, verändert laufend die Form, steigt auf und verschwindet schließlich wieder.

Veränderung 2

1
Ein Gedicht weckt mein Bedürfnis nach Veränderung.

2
Jene Schwestern, die auf der Palliativstation arbeiten, brauchen nach 12 Jahren Abwechslung zum Tod.
Bergsteigen? Tanzen? Davonlaufen?

3
Damals, als ich noch jung war, gab es keine Sicherheitsgurte im Auto. Und wo saßen wir? Vorn auf dem Schoß der rauchenden Mutter.

4
Die Ärztin fragt mich danach, wie die eigene Ausscheidung riecht. Um einen Anhaltspunkt zu haben, rufe ich mir in Erinnerung, wie das damals gerochen hat im Stall bei den Schweinen, den Kühen und Kälbern, bei den Hühnern. Den Schafen. Am besten hat es bei den Pferden gerochen. Und nun im Vergleich dazu ich selber, wie rieche ich wohl…

5
Meine Schwester erzählt davon, dass die Sandkiste dem Tischtennistisch weichen muss und der Sand unverzüglich in ein frisch angelegtes Spargelbeet wandert. Die Kinder wachsen, die Pflanzen wachsen auch.

6
Dass meine Veränderungen eine Enttäuschung für andere sind, weil die mich ja so nicht kennen, sehe ich. Derweil bleibe ich ich. Nur mein Innen kehrt sich deutlicher nach außen.

7
Eine Definition von Liebe ist der Wunsch, sich tatsächlich für jemand anderen zu verändern.

8
Beim Zugfahren denke ich mir, es gibt zu viele Menschen auf der Welt.

Gelegenheit


1
Wenn wir einen ganzen Tag herumgaukeln, kommt viel zur Sprache.

2
Selbst die Katastrophen meines eigenen Lebens bekam ich noch eindrucksvoll langsam hin.

3
Hoffentlich bereue ich nicht einmal meinen anständigen Lebenswandel! (Was für ein Dämon beherrscht mich, dass ich mich so gut benehme? H.D. Thoreau.)

4
Ich freue mich, unter Ihnen zu sein.

5
Wir zwei bauchen keine erneute Gelegenheit, wir haben uns einander schon ganz gezeigt, wir haben schon alles.

6
Mein Job, das ist eine Dokumentation des Untergangs.

Gabe

1
Zu sehr viel Geld kommt man am allerleichtesten, wenn man gar nix dafür tut. Man ist einfach Sohn oder Enkelin oder sonst irgendwie Erbin.
Am Zweitleichtesten verdient man viel Geld, wenn man andere für sich arbeiten lässt. Und zu kaum Geld kommt man durch Arbeit, sagt mein Freund.

2
Es gibt mich. Das als Aufgabe zu erkennen ist meine Antwort darauf.

3
Ich habe eine Freundin, sie ist Lehrerin und sie kann von jedem ihr anvertrauten Kind die gesamte Biographie erahnen. Sie kann alle Möglichkeiten und Talente sehen. Das ist eine wertvolle Gabe, die allerdings nur wenige sehen wollen.

4
Wenn wir auf Abstand leben, hat unsere Seele keine Geschichte, sie weiß nicht, womit sie sich verbunden fühlen soll. Wie soll Hingabe gelingen, oder Öffnung, oder Weite? Wir werden uns bedingungslos der Gnade unterwerfen, dort werden wir in Zukunft zu liegen kommen.

5
Die frisch geborene Mutter teilt ihre Gedanken mit mir, sie spricht über die Naturgewalt der Geburt, über des Messers Schneide, die über Leben und Tod entscheidet – in anderen Ländern zu anderen Zeiten hätten wir nicht  überlebt. Möglicherweise unberührt von unserem Nachsinnen reißt der Winzling an ihrer Brust die Augen auf, schwimmt mit den Ärmchen durch die Luft und gähnt gelassen.

6
Er:  Von wem sind die Rosen?
Sie: Von ihm.
Er:  Schon wieder?
Sie:  Ja. Ich nehme sie mit offenen Armen.
Er:  Ich muss mit ihm reden. Er darf dich nicht so verwöhnen.
Sie: Warum nicht?
Er:   Du verstehst keinen Spaß!
Sie: Ja, und dich in einen Prinzen verzaubern kann ich auch nicht.