KategorieLicht am Stelldichein

Libido


1
In ihren Jugendjahren war es schon ein kleines Drama, die Blusenenden keck mit einem Knopf zusammenzubinden. Eh nicht über dem Bauchnabel, sondern über der Hüfte. Die Mutter hatte es verboten.

2
Sex und Liebe sind nicht mehr der Schauplatz, an dem sich das Selbst der Gesellschaft widersetzt. Alles, was gratis ist, wird bis ins kleinste Detail reguliert, reglementiert oder verboten. Alles andere auch.

3
PEA (Penylethylamin) ist beim Menschen ein körpereigenes Hormon, das für das Glücksempfinden mitverantwortlich ist. Neben dem weithin bekannten Kribbeln im Bauch kann es in einigen Fällen zum Rausch führen, der die Liebenden sprichwörtlich blind macht. Die „Blindheit“ entsteht, weil PEA im Gehirn die Bereiche, die für das rationelle Denken verantwortlich sind, hemmt. Der Zustand des Rausches kann bis zu 4 Jahren anhalten. Sinkt der PEA-Spiegel, kommt es zu einer Entzugserscheinung, bei der meist ein depressives Verhalten wahrzunehmen ist.

4
Der Sinn der Ehe – einander ein besserer Mensch werden? Sexy ist das nicht!

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Wos schaugst denn so traurig, …

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Routine wegblasen

7
mit gutem Beispiel vorangehen und eigene Bedürfnisse erfüllen

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zwei Reiherpaare an den Nexinger Teichen und der betörende Duft der Traubenkirsche

Hand

1
Er zeigt auf einen Stern und sagt Jupiter. Er zeigt auf einen Stern und sagt Saturn. Ich glaube es ihm.

2
Schneidet man einem Axolotl die Hand ab, wächst sie wieder nach. Verliert ein Axolotl ein Körperteil, weil es von einem Fressfeind abgebissen wurde, kann er es innerhalb weniger Monate vollständig und ohne Narben nachbilden. Er kann sogar ganze Organe wie das Herz oder Teile des Gehirns ersetzen, wenn diese verletzt sind.

3
Du warst einer von uns.

4
Ich bin eine Pore meiner Haut.

5
Ich bin genug, um bis jetzt von dir geliebt zu werden.

6
Meine Taschen sind voll.

Öffnen


1
Endlich! Heute habe ich in der Zeitung jene Formulierung gelesen, mit welcher ich in Zukunft zu uns einladen möchte: Kommen Sie vorbei, wir leben in einer Scheune!

2
Auf meinen wiederholten Spaziergängen zum St. Marxer Friedhof biege ich in die Hugo von Hofmannsthalstraße ein und sehe in einem schlichten Häuserblock nun schon zum wiederholten Mal einen Mann im Pensionsalter auf dem kleinen Eckbalkon. Er bewegt sich bedächtig zwischen seinen Topfpflanzen und kontrolliert scheinbar deren Wohlbefinden. Jeden Tag trägt er einen weißen Morgenmantel über Hemd und Gilet. Vielleicht wohnt er über den Sommer da draußen auf 4 m2? Der Häuserblock ist kein Krankenhaus, ich habe mich vergewissert.

3
Das Buch über das Patriarchat/Matriarchat: Das Paradies ist weiblich, tut es mir an. Sehr viele Gedankengänge, über die es sich lohnt zu grübeln. Das Schlechteste an dieser Textsammlung ist der Titel. Im Inneren geht es viel diverser und vielfältiger zu. Ich muss schon wieder einmal im Interlexikon nachsehen, was diese vielen Begriffe genau bedeuten. Cis, und Transfrau und Queer und Bi und Gay und LGBGQ+ … Fucking noch einmal. Was bin denn ich?

4
Viel von dem, was uns gegeben scheint, ist in Wirklichkeit gemacht. In Zukunft muss man sagen: Wir können! Aber wir wollen nicht. Ein Möglichkeitsraum ist immer offen … ins Offene gehen …

5
Und unsere Liebe, sie reicht für unser Leben. Sie wirkt zurück auf all die Jahre vorher und sie wirkt hinein in all die Jahre, die uns nicht mehr bleiben. Wir sind frei in unserer Zuneigung.
Was bleibt, sind unsere Namen, ein paar Briefe, Bilder, Fotos und das, was unsere Nachkommen über uns zu erzählen wissen.

Musik fehlt

1
Musik ist (m)ein tief verwurzeltes ästhetisches Bedürfnis. Trotzdem dringt es schon seit Monaten nicht durch zu mir.

2
Eine Freundin versucht zu helfen: „Falls du es am Sonntag nicht gehört hast, Martha, eine absolut empfehlenswerte Musiksendung für deine Sehnsüchte: …“

3
Madame Baheux versucht zu helfen.

4
Die Tochter zeigt mir ein Foto von Florence and the Machine … und ich sehe, was ich eh schon vermutete: da habe ich nichts zu suchen!

5
Er, der Songwriter, geht in Pension und wird Zeit haben für Mußestunden. Sie, die Weggefährtin, lässt ihn in aller Ruhe so sein, wie er ist.

6
Die Streaming-Kultur und die mobile Technik haben ein Bedürfnis geschaffen, von dem vorher niemand wusste, dass es existiert.

7
Er setzt das Musikhören als Werkzeug ein. Um sich in eine bestimmte Stimmung zu versetzen, lässt er eine spezielle Playlist laufen. Malen ohne Musik kommt so gut wie nicht vor.

8
Mein Bruder, der Musiker, fragt sich, weshalb man immer wieder die Klassiker spielt und dabei auf alle anderen verzichtet. Beethovens Medizinlöffel, genossen im Musikverein in Wien, gibt eine dezente Antwort. Sein Streichquartett in a-Moll. Das Adagio. Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart.

9
„Um diesen Dominant – Sept – Akkord nicht länger in der Luft zu halten, wollen wir ihn sofort auflösen.“ – Diese Nachricht kommt unmittelbar im Anschluss an die Information, dass beim Erdbeben in der Türkei und Syrien an die 50.000 Menschen verunglückten. Danach geht’s in Dur weiter.

10
Es gab in der Antike die Theorie, dass Menschen die Musik erfunden haben, weil ihnen der Vogelgesang so gefiel.

Übersetzen


1
Kunst ist keine Macht, sie kann nur Trost sein. Wenn sie frei sein soll, darf sie auch keine Aufgabe haben. Was nicht heißen sollte, dass sie keine Kraft hat, im Gegenteil.

2
Der Andere ist die Begründung für das eigene Leben. Vielleicht ist es einfacher, wenn man nicht liebt.

3
Liebe

4
Psychogeographie

5
Ich werde nicht damit aufhören, den Aspekt Spiritualität in meinem Leben zu pflegen.

6
Wir treffen einander zufällig bei der Mutter im Pflegeheim. Heute sitzen wir das erste Mal im Kaffeehaus. Hier ist es doch entspannter und persönlicher als in der Wohngruppe. Der Kuchen ist frisch gemacht und schmeckt uns allen gut. Der Kaffee ist lauwarm. Die Betreuerin hätte uns eh einen Spritzer empfohlen…

7
Auf der Rolltreppe zur S-Bahn sagt ein Mann zu uns: „Lasst Euch nicht stören“

8
Er meint, er denke gar nicht so viel. Es sehe nur so aus.

9
Wenn Du nicht genau hinschaust, meinst Du, ich hinke. Aber, ich hinke nicht! Ich bin einfach nur ernst.

10
Du bist auf der Flucht, sagt er zu mir

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Rote Stöckelschuhe in Passau kaufen.
Die Farben der drei Flüsse von oben fotografieren.
Sodbrennen haben.

12
Jupiter und Venus waren so nah beieinander, wie schon lange nicht mehr.

Verborgenes


1
Die Liebe ist nicht ohne Leiden zu haben.

2
Hoffentlich seid Ihr jetzt über den Berg und die vielgerühmte doppelte Kraft nach einer überstandenen Krankheit hält Einzug bei Euch! Ich trinke Hirtentäscheltee. Aber sonst geht’s mir sehr gut!

3
Mit der Zeit, also im Laufe der vergangenen 57 Jahre, gelingt es, mir einen Sinnierraum einzurichten. Einen Raum, den ich überall hin mitnehmen kann. Die Fähigkeit des Schauens von etwas, das bislang den Augen verborgen geblieben war, ist somit ein Vorzug des Älterwerdens.

4
Ich sehe eine Wildschweinfamilie quer über die Straße laufen. Ich sehe einen Silberreiher in der sumpfigen Brache stehen. Ich sehe Fledermäuse bei Nacht und Mauersegler bei Tag. Was haben wir einander zu sagen, was bedeuten wir einander?

5
An manchen Tagen muss ich verstummen, weil kaum Blut bleibt, um durch Herz und Hirn zu fließen.

6
Wenn man auf einen hohen Berg steigt, hat man schon einen Teil der Erdatmosphäre unter sich.

7
Je mehr ich nachdenke, desto mehr geht mir durch den Kopf. Heute trinke ich schon am Vormittag ein Glas Frizzante. Das benebelt mich ein bisschen.

8
Am Nachbarbalkon sitzt eine Krähe immer an derselben Stelle in derselben Haltung. Ich brauche zwei Tage, um zu bemerken, dass es eine Attrappe ist. Bei einem genaueren Rundblick auf das Häuser-Dächermeer aus der Dachgeschosswohnung entdecke ich noch eine zweite Plastikkrähe dieser Art. Sollen sie bewirken, dass sich weniger Tauben niederlassen? Sie lassen sich nicht abschrecken.

9
Er empfiehlt mir, zwischen den Zeilen zu leben, jetzt, hier in der Stadt, nicht „zu mir zu kommen“ (ist schon ziemlich abgelutscht, dieser Ausdruck!), sondern zwischen die Zeilen. Das ist ein ungewöhnlicher Wunsch, den ich mir auf die Stirn schreibe. Im Normalfall wiederhole ich mich zu oft. Neue Saiten aufziehen sei mir Programm!

10
Die Straßenbahngleise vom 71er beim Zentralfriedhof werden saniert. Tolles Werkzeug liegt neben den herausgerissenen Schienen. Und massive Holzpflöcke. Die Arbeiter sehen in dieser aufgeräumten Stadt aus, wie einer anderen Welt entstiegen. Zwischen den Schienen liegen lauter Betonplatten. Zum Teil sind sie herausgehoben. Darunter liegt blanke Erde. Die Abflussrohre werden neu verlegt. Hoffentlich wissen die Tiefbauer, was sie tun. Alles sieht trotz der massiven Baustoffe sehr verletzlich aus, leicht zerstörbar. Die Natur scheint mir bei diesem Anblick ungleich stärker gegenüber dem, was Menschen machen können.

11
Zuneigung zu Steinen empfinden…

Krank sein, gesund sein, meistens irgendetwas dazwischen sein …

Der Frau zuhören, die in der Nacht bei offenem Fenster lauthals in einer mir unbekannten Sprache mit irgendjemandem stundenlang telefoniert …

Daran glauben, dass es auf dieser Welt keinen uninteressanten Menschen gibt …

12
Viele Bücher liegen neben meinem Bett. In einigen lese ich. Hab diesbezüglich eine gute Phase. Was meinen wir, wenn wir das Wort »Liebe« in den Mund nehmen, worum geht es, wenn von »lieben« die Rede ist? Die zu lesenden Texte und die Figuren, die in ihnen zu Wort kommen, lassen verschiedene Interpretationen dieses Wortes zu. Was verdient es, »Liebe« genannt zu werden?

Weben


foto: Christa Plößnig

1
Milena aus Prag kündigt ihren Besuch an. Sie kommt aus einem anderen Jahrhundert zu mir und sie wird nicht viel Zeit mitbringen. Wir werden sie zu nutzen wissen. Sie ist ein lebendiges Feuer. Sie sagt, zwei Stunden Leben sind mehr als zwei Seiten Schrift. Sie wird sehr früh mit dem Zug anreisen, so plane ich, sie am Hauptbahnhof in Wien abzuholen und bei einer Tasse Kaffee im Café am Heumarkt eine erste Plauderstunde einzulegen. Vielleicht mag sie einen Apfelstrudel. Oder doch lieber Reisfleisch mit grünem Salat?

2
Ich werde Milena bitten, mit mir ein bisschen durch die Stadt zu streunen, an jene Plätze, die ihr von früher in Erinnerung geblieben sind, die Bedeutung für sie haben. Sie war schon viele Jahre nicht mehr hier zu Gast, was sie wohl heute von dieser Stadt hält?
Ich nehme mir vor, sie nicht mit allzu vielen Fragen zu bedrängen, weil ich weiß, dass sie ungefragt erzählen wird, weil sie wachsam ist und in meinen Augen lesen kann…Sie wird mir erzählen von den Frauen in ihrem Leben, ihrer viel zu früh verstorbenen Mutter, von ihren Arbeitskolleginnen im Verlag und ihren Mitstreiterinnen im Lager. Sie wird mir davon erzählen, wie sie es immer wieder verstanden hat und versteht, ihre Angst zu überwinden, um unerschrocken für Gerechtigkeit oder das Stillen einer Sehnsucht zu kämpfen. Sie wird mir sehr ausführlich von ihrer Tochter erzählen, von deren Entwicklung und den kleinen, feinen Geschichten, die sie beide einander zuflüstern, wenn sie sich nicht sehen können … was wünscht sie sich für diesen jungen Menschen?
Und spätestens nach dem zweiten Achterl Wein im Café Carmen wird sie mir davon erzählen, was es für sie bedeutet, ein Leben zu führen, in dem nichts fehlt, das durchtränkt ist von Einsamkeit, Glück und Liebe, ein Leben, das der Erde sehr nahe ist. Und ich, redselig geworden durch den Alkohol, werde nun doch von ihr wissen wollen, ob es eine Form der Beziehung gibt, die größer ist als die Liebe.

3
Ob wir es danach noch schaffen, pünktlich zum Abendessen mit Janosch, Fuzzman und meinem Mann im JüdischeMuseum zu erscheinen?

4
In der „Goldenen Spinne“ habe ich ein Zimmer für sie reserviert. Es bleiben ihr nur ein paar Stunden Schlaf, da ist dieses Hotel die richtige Wahl. Ich habe das Zimmer mit der goldenen Wand genommen. An ihr hängt ein Spiegel mit goldenem Rahmen und eine Frauenporträt. Das große Fenster lässt viel Licht herein. Sie kann den Blick auf Stadtpark und  Stephansdom richten. Sie wird ein Bad in der großen Wanne nehmen, das wird ihr guttun nach dem langen Tag.

5
Wohin wird ihre Reise sie nach dem Wienaufenthalt weiterführen? Sie hält sich diesbezüglich bedeckt.

6
Ich fahre heuer im Sommer an die Ostsee. Ich plane die Route so, dass ich am Schwedtsee eine kurze Rast einlegen kann.

Mail

1
Heute lese ich folgenden Satz in einer Mail: „Lieben geht nur in der Langsamkeit, Liebe braucht Zeit.“
Inhalt und Versandart stimmen nicht überein.

2
Ich bring eine weiße Flamingoblume zu unserem Treffen in einem einfachen Bistro in der Stadt. Wir kennen einander von frühester Kindheit an und haben uns Jahrzehntelang lang nicht gesehen.  Er kommt tadellos gekleidet zu unserer Verabredung: Anzug, Gilet, weißes Hemd. Seine Gesichtsfarbe ist sehr hell. So kenne ich ihn. Er nimmt sich kaum Zeit, an die frische Luft zu gehen. Er sitzt wohl nach wie vor lieber bei seinen Büchern.

Er erzählt von seiner Schulzeit. Er erzählt davon, viel zu spät erfasst zu haben, dass er gar nicht so viel tun muss, um durchzukommen. Er, der Introvertierte,  hatte keine Freunde in der Klasse. Er erzählt vom letzten Jahr vor der Matura, das er lieber zuhause verbrachte als in der Schule, dorthin nur zu den Prüfungen ging, weil das trostlose Absitzen in freudloser Umgebung keinen Sinn machte.

Vor Jahren hat er eine 1000seitige Glockenkunde von Österreich veröffentlicht. Er kann jede Kirchen- und Kapellenglocke Österreichs an ihrem Klang identifizieren.

Er macht jetzt eine weitere Ausbildung. Für die Erstellung eines Herbariums wird er eine alte Holzschatulle seines Vaters verwenden, eine Laubsägearbeit, die dieser vor 70 Jahren im Gymnasium in Tanzenberg anfertigte und die er, der Sohn, am Dachboden des Geburtshauses seines Vaters entdeckte. Bei der Bewertung der 120 gesammelten Pflanzen, wird auch die Aufmachung und Verzierung des Kästchens herangezogen und  sollte maßgeblich zum einem guten Prüfungsergebnis beitragen. (Schon wieder Schule?)

Jeden Abend telefoniert er mit seiner Mutter. Er mag keine E-Mails schreiben, das kostet ihn so viel Zeit, weil er den Ehrgeiz hat, keine Fehler zu machen, es formal auch gut hinzukriegen und eben einen guten „Aufsatz“ abzuliefern.

Mitten im Gespräch sagt er zu mir: “Ich freu mich sehr, ich kann es nur nicht zeigen, morgen werde ich es erst realisieren, und es mein Leben lang nicht vergessen.“ Es tut mir leid, kein Foto von uns beiden gemacht zu haben.

3
Immer wenn wir den Weg ins Mölltal über den Neumarktersattel nehmen, fahren wir an dem Dörfchen Mail vorbei. Liebenfels, auch das ist ein schöner Ortsname!

Erschöpfung

1
Die große Müdigkeit hat mich gestern Abend erreicht. Und heute ziehen deren Ausläufer wie ein feiner, zäher Schleim über den ganzen Tag. In der Arbeit ist die Ablenkung Erholung. Die anderen halten mich aufrecht. Das Arbeitspensum. Die Menschen, die etwas brauchen oder wollen. Die schönsten Stunden sind jene am frühen Morgen. Ich sollte wieder einmal zu essen aufhören, dann kommt die Energie zurück.

2
Jedes Mal vor meinem Dienst stehe ich vorm Spind und höre mich zu ihm sagen: „Kasten, ich möchte dich nie wieder aufsperren!“ Ich stelle mir vor, wenn ich ihn das letzte Mal ausräume, darin einen kleinen Zettel für meine Nachfolgerin zu hinterlassen, auf den ich schreibe: „Ich wünsche Dir Freiheit!“

3
„Du bist erschöpft, eh klar!“ Das darf genau niemand zu mir sagen!

4
Sechs Wochen Kur? Sechs Wochen im Kreis mit 12 anderen Belasteten zusammensitzen und mir ihre Geschichten anhören??

5
Die Gegenwartserschöpfung ist keine Befindlichkeit, sondern ein politischer Zustand.

6
Können bitte einmal alle damit aufhören!

7
Man sollte eine Zeitlang durch den Wald gehen und zu schreien beginnen. Es sollte ein lautes, unermüdliches Schreien sein bis hin zur Erschöpfung am Ende sollte man vergessen haben, was einen so umtreibt. Man sollte nur noch den Körper spüren, sein Zittern, seine Ermattung.

8
„Ich habe für eine Beschwerde bei der Mobbingstelle keine Kraft mehr!“, sagt er

 „Hoffnung habe ich keine mehr, aber Kraft hab ich noch!“, sagt sie.

„Die Therapeutin habe ich aufgrund ihres Vornamens ausgewählt. Sie heißt so wie meine Enkeltochter“, sagt eine andere.

 „Ich war meist etwas müde und konnte somit alles gut genießen“, schreibt mir meine Schwester.

Was mir das Auffallendste ist: meine Gefühlsarmut. „Blende es aus. Blende einmal alles aus, was weh tut“, sage ich zu mir.

9
Motorsensen können ganz schön penetrant sein.

Die Zeit haben, etwas ausklingen zu lassen, … das Gespräch oder einen Arbeitstag oder das gehörte Lied…

„Los lei lafn“, sagt Fuzzmann

10
Beide sitzen wir fest in unseren Leben und können nicht zueinander.

11
So tun, als ob es regnet.
Ins Grün schauen.

 

 

 

Verrückt


1
Ich will mich wieder so einkriegen, dass ich schön bin für andere!

2
Er studiert auf dem zweiten Bildungsweg Psychologie, um so die eigene Meise zu therapieren.

3
Das Ganze dauert eine gute halbe Stunde am helllichten Tag. Die Frau, die rabiat wird, ist noch relativ jung und sieht gar nicht verwahrlost aus. Sie spricht sehr laut, schreit allerdings nicht und ist trotzdem im ganzen Lokal zu hören. Ihre Behauptungen und Anschuldigungen werden immer wüster und unzusammenhängender. Die Besatzung ist nicht in der Lage, sie – zuerst mit gutem Zureden und später mit eindringlichem Verweis – dazu zu bewegen, die Bar zu verlassen. Im Raum macht sich Unruhe breit. Inzwischen wird Unterstützung gerufen, drei Polizisten kommen und versuchen nun, die Frau zu beruhigen. Sie schaffen es. Wie auch immer. Es ist wohl die Mischung aus Uniform und ausführlicher Aufmerksamkeit. Drei Polizisten sind für eine halbe Stunde ganz für sie da. Zu viert verlassen sie in aller Ruhe die Bar, hinaus auf den Yppenplatz.

4
Wir telefonieren oft miteinander. Es gibt  große Unterschiede in diesen Gesprächen. Manchmal ist sie die große Weise und ein anderes Mal blickt sie nicht über ihren Tellerrand, der mit Nachbarinnen und Vereinsleben und derlei Hickhack vollgeräumt ist. Es gefällt mir, dass sie mich heute Abend dazu ermuntert, doch noch ein Schnäpschen zu trinken und mich dabei auf den Tisch zu setzen, um mit den Füßen zu baumeln.

5
Er sitzt auf einer Anhöhe über dem Dorf, in dem er seit 55 Jahren lebt. Er sagt: „Ich komme mir hier so richtig fremd vor, als wäre ich ein Flüchtling.“

6
Es hat Minus Acht Grad Celsius. Heute begegnet mir bereits der zweite Mann, der mit kurzer Hose unterwegs ist. Auf dem Kopf trägt er eine dicke Mütze.

7
Es ist verrückt, nicht alles liegen zu lassen, um Dich zu besuchen.