Grado
1
In Ljubljana regnet es die meiste Zeit. Das hebt meine Stimmung. In einem sehr kleinen Strumpfladen finde ich farbenfrohe Socken und Strümpfe und für meine Tochter einen altmodischen Schlafanzug.
2
Grado ist ein sehenswertes Städtchen. Etwas kühler und rauer als Mestre, weniger Brillen, weniger schöne Kleider, dafür ein wilderes Meer und genauso viele Touristen. Alles ist auf diese Gäste ausgerichtet. Der Kellner trägt eine Brille wie ein Venezianer. Alle anderen nicht. Auffallend viele Sportler tummeln sich und laufen in Funktionskleidung hin und her. Die Altstadt und die Seite zum Meer hin sind für das Auge sehr ansprechend. Ich bilde mir ein, das nahe Karstgebirge und die anstrengende Lebensweise in der Landwirtschaft oder am Meer deutlich zu spüren.
3
Ich nutze die Morgenstunde, sitze auf dem Balkon unseres Zimmers und hör die Adria rauschen. Die Sonne geht auf, die Wolken färben sich rot.
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Vier Männer sitzen auf den Gastgartenstühlen vor der Bar und trinken schon um 9 Uhr morgens je zwei Achtel Weißwein zum Frühstück. An zwei weiteren Tischen steht ein Espresso und – wie mir scheint – ein Glas Wasser. Im Laufe der Stunde, in der ich mich vom Aufstehen erhole, erfahre ich, es wird hier Grappa zum Espresso serviert, nicht Wasser. Das bestelle ich mir jetzt auch. Ist ja schon 10 Uhr.
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2000 Jahre alte Mosaike und Aquileia in Sicht.
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Im Supermarkt klopft mir die Verkäuferin auf die Finger, weil ich zu nah auf die von mir gewünschten Oliven zeige. Nachdem sie mir ein kleines Plastikgefäß mit dem gewünschten Gut aushändigt, ist uns beiden nicht wohl zumute und wir verabschieden uns knapp mit Grazie und Prego.
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Mein Mann sagt, das ganze Leben ist eine Baustelle. Bis zum Tod.
8
Ich werde älter. Es entstehen Zonen der Gelassenheit; ich finde Gelassenheit. Die liegt neuerdings da einfach so herum.
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Aqua Alta und ich ziehe mich zurück
10
Maribor, dieses kleine slowenische Städtchen, liegt an der Drau. Die Drau fließt breit dahin und seit neuestem führt eine dezente Fußgängerinnenbrücke über den Fluss. Wenn man auf ihr steht oder geht, glaubt man, auf einem Holzboot zu sein. Das ist eine überraschende Sinnestäuschung.