KategorieAlle Sieben am Tisch

Weihnachten


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Gestern Abend, eine wunderbare Theatervorstellung im Grünberg & Bronski: Effi Briest. Da wird einmal ein „alter Stoff“ vortrefflich in die Gegenwart übersetzt. Sechs Männer spielen sich die Seele aus dem Leib. Ein Zitat aus dem Theaterstück, es wurde sogar mehrmals wiederholt: „„Ich möchte, dass Du mir sagst, was ich in der Früh anziehen soll und wen ich wählen soll. Ich möchte, dass Du mich dazu zwingst, vegan zu werden, allein schaffe ich das alles nicht!“

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Wir erkundigen uns bei meinem Cousin nach einem schönen Schneewanderweg in Apriach. „Zwischen alter Volksschule und Stockmühlen lasst‘s das Auto stehen und dann einfach rauf ins Lärche!“

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Ich lasse meinen Führerschein ins Kartenformat umschreiben. Dazu muss ich auf die Behörde. Hier hat man grundsätzlich das Gefühl, mindestens zu stören. Oder kleinkriminell zu sein. Die Schreibweise meines Namens im alten Führerschein stimmt nicht mit jener im Zentralmelderegister überein. Das war damals wohl ein Fehler der Behörde, den ich bemerken hätte müssen. Ich habe es verabsäumt, vor 32 Jahren die Behörde zu kontrollieren. Das Problem ist immer das „ß“. Auf diesem Amt ist es auch nicht möglich, mein Passfoto in digitaler Form zu schicken oder zu hinterlegen. Die Frau hinterm Tisch schreibt noch mit Tinte und Federkiel. Ich verabschiede mich unabsichtlich mit „Frohe Ostern“; wollte Frohe Weihnachten wünschen. Das Ganze war ein sehr poetisches Erlebnis für mich!

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Ich bestelle mir eine Sonnenbrille im Internetshop. Mein Pupillenabstand ist 66 mm. Das hat meine Laptopkamera fast wie von Zauberhand abgemessen.

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Voll geil! Schick mir mehr von diesem Zeug!
Soweit die Reaktion einer Freundin auf ein Foto, das ich ihr per WA zukommen lasse.
Ist das schon Literatur?

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Am großen Weihnachtsfamilientisch frage ich die nächste und übernächste Generation, in welche Netzwerke ich als schrullige Alte unbedingt einsteigen solle.

Wir reden darüber, dass TikTok doppelt so viele User*innen hat als Facebook und Twitter zusammen.
Meine Nichten und Neffen verschicken keine Weihnachtskarten, sondern schneiden kleine Kurzfilme von der Weihnachtsfeier zusammen und stellen das zur Verfügung.
Meine Tochter findet WA sehr anstrengend, weil man da mit jedem und jeder einzeln kommunizieren muss.

Mein Bruder hat vor zwei Monaten geheiratet. Das „Danke“ und die Hochzeitsfotos verschenkt das Brautpaar als QR-Code an alle Gäste.

Am Abend spielen wir ein Fragespiel, entnommen aus dem Podcast Gemischtes Hack. Es ist ein Kartenspiel. Man kann es ganz einfach in die Hand nehmen und braucht kein Handy dazu. Man kann es bei Kerzenschein spielen.

Meine Mutter schenkt mir ein Buch, es wurde auf Ö1 vorgestellt und könnte mein Gefallen finden.

Auf meinem Nachtkästchen liegt ein wirklich guter Krimi!

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Familie reicht wieder.
Ich bin fine damit.

Reiz


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Die Irritation ist zum Reiz gedacht.

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Die Landesausstellung hatte ein paar Highligthts:

…die Farbe des Schlosses…
…die Info, dass die jungen Störche vorausfliegen in genetich bedingter Sicherheit, was die Zielrichtung angeht. Die Altvorderen müssen sich noch eine Woche lang erholen von der schweren Arbeit der Brutpflege. Auf Gibraltar warten sie zusammen…
…die March fließt stromaufwärts, wenn die Donau Hochwasser trägt…
…das ausgestopftes Modell einer Blauracke…
…die unterschiedlichen Körnungen des Sandes in der Region, ihrer Flüsse und Dünen…
…unter uns: die Alpen (aber das wusste ich schon!)…

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Sauna ist wunderbar heiß!

Hochzeit


Foto: Sara Foser

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Momente produktiv annehmen und aus Gesprächen den größtmöglichen Spaß destillieren. Ich schrieb mir das als Überschrift über die vielen Hochzeiten, die mir in diesem Sommer nach Corona blühten.

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Am Abend kocht die Tochter ein wohlschmeckendes Abendessen für die ganze Sippe. Eierschwammerl, Steinpilze, Hühnerfilet, frische Erdäpfel, Salate und Kräuter aus dem Garten. Wir reden über Familienkram, Hochzeiten, Schwiegermütter und Schwiegertöchter. Die Männer halten sich im Hintergrund und gehen entweder zur Weinbauvereinsitzung (Frauen sind da nicht zugelassen, obwohl man sich selber dazu eingeladen hätte) oder in einen tiefen Körperschmerz.

3
Wo sind die Männer, die uns das Wasser reichen können???

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Er und sie wollen ihr Glück teilen und heiraten.
Ich und du nehmen es und beenden den Abend mit einem Streit.

5
„Bist Du grantig?“
Diese Frage bringt mich auf die Palme!

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Liebe = Schmerz

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Ein Universum zu sein für jemand anderes, so viel kann man vom Leben gar nicht verlangen.

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Der Bräutigam steigt auf dem Fußweg zur Kirche mit den glänzenden Hochzeitsschuhen in einen Haufen Kuhscheiße. Er streift den Schmutz in die Wiese und jemand nimmt ein Taschentuch und putzt den Rest weg. Alle gehen weiter in Gelassenheit, leicht und festlich.

Nackt II


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In Ö1 gestalten die RadiomacherInnen eine Sendung über das Nacktsein auf der Bühne.

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Der Mann im Stehkaffee an der Tankstelle ist verwahrlost gekleidet. Er zählt sicher schon an die 80 Jahre und weckt ein mitleidiges Gefühl in mir. Weil ich vergangenes Wochenende nur geprasst habe, nicht darüber nachgedacht habe, was das alles kostet. Der Mann zahlt mit einem zerknitterten 5 Euroschein. Die Hände sind voller Sommersprossen.  

3
Er onaniert im Bett. Sie onaniert in der Badewanne. Ich onaniere nirgendwo gern. Außer ich erwache mit einem aufdringlichen Vibrieren zwischen den Beinen und es fast gar keiner mechanischen Unterstützung mehr bedarf, zu einem Lustgefühl zu kommen. Ansonsten ist mir das zu anstrengend und ein bisschen zu blöd.

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Mammographie, das ist noch blöder.

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Zwei ausführliche Gespräche im Krankenhaus:
Einmal sind Kinder Thema.
Ihre verlorenen Kinder. Kinder, die nur kurz leben und kurz nach der Geburt sterben.
Sein Thema sind seine Zähne und das Unglück.

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Hab schon wieder gebrauchte Klamotten geschenkt bekommen. Gut, dass ich diesbezüglich keine Berührungsängste verspüre und einfach reinschlüpfe ohne zu wissen, wer das vorher in welcher Art und Weise getragen hat. Auf manchen Teilen hängen noch Haare. In einer Tasche finde ich eine Lesebrille. Ich rieche mindestens zwei Parfumdüfte in den Stoffen.

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Sie legt ihre Hände auf die feuchten Erdkrumen, gräbt mit den Fingern hinein. Sie zieht wie eine Pflanze, Kraft aus der Erde.

Inbrunst

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Dein Geburtstag erinnert mich daran, dass wir nicht mehr alle Zeit der Welt haben.

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Menschen meines Alters sagen Liebe und meinen Ewiges Leben.

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Nicht veröffentlichtes Abendgebet von CHRISTINE NÖSTLINGER:

Lieber Herr im Himmel,
ich greif mir oft an den Pimmel,
Kann das wirklich Sünde sein?
Ich bin mir sicher, du sagst nein.

Dummheit

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Das Gegenteil von Dummheit ist Weisheit.

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„Der Klügere gibt nach.“ Das ist eine falsche Einstellung. Wenn alle Klügeren den Mund halten, dann kommen die Dummen durch.

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„Och, wär ich doch etwas dümmer“, sagte damals meine Mölltaler Großmutter im Anbetracht der verwirrenden Nachkriegsjahre.  

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Wissenszuwachs kann einem den Schlaf rauben. Nachrichtenhören auch.

5
Es ist grundsätzlich fraglich, weshalb man recht haben sollte. Und es ist gefährlich, Dummes laut auszusprechen, weil es immer auch einen zweiten gibt, der da ist und sich nicht geniert, das zu bestätigen.

 

Kaffeehaus

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Ich begehe den schweren Fehler und frage nach WLAN. „Natürlich haben wir kein WLAN und keine Steckdosen und keine Kartenzahlung! Wir sind hier das Weidinger!“ Und natürlich ist es still hier. Kein Radio, die Kaffeehausgäste flüstern beim Reden. Das Lauteste ist der Autolärm, der vom Gürtel hereinbrummt und nur von der Rotphase unterbrochen wird. Gleich gefolgt vom Besteckgeklapper und der Kaffeemaschine.

Ein Gast fühlt sich von der Septembersonne, die am frühen Vormittag ins Lokal scheint, geblendet. Er bittet den Kellner, den Vorhang vorzuziehen. Er macht es.

Ich bestelle eine Marmeladensemmel. Ich bekomme sie fix und fertig aufgestrichen serviert.

In dieses Kaffeehaus geht man am besten alleine.

Früher sind da vor dem Kaffeehaus die Damen gestanden und es gab „a Beiz neben der anderen“, sagt der Kellner zu mir. Anscheinend hat er mir das mit dem WLAN schon verziehen.

2
Ich habe erst spät begonnen, dem Genuss des Kaffeetrinkens zu frönen. Mein Einstieg als Kind war das Sammeln von Plastikfiguren in der Malzkaffeepackung.
Mein Kaffee zu Hause aus dem Espressokocher schmeckt – nach ernst zu nehmenden Aussagen mancher Gäste – schrecklich. Das wundert mich. Ich beziehe den Kaffee aus dem Weltladen und das Wasser aus der Leitung. Ich mag ihn sehr! Mindestens viermal am Tag.
Ich mag auch den Kaffee, der in vielen Häusern in Wien serviert wird. Oder jenen an der Tankstelle in Schrick. Auch in Amsterdam schmeckt er gut und in Brixen und Triest.

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Wir schlendern den Kanal entlang und kehren ein. Wir trinken schlichten Wein und gutes Wasser. Nicht zu viel. Das WC ist unzumutbar, für Männer ist das einfacher. Die Sonne scheint durch die großen Fenster in den Gastraum, Gläser klirren, meine Hände liegen im Schoß. Ich ruh mich aus. Wir leben im Luxus.

Hunger

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…danach,

…mich intuitiv zurechtzufinden…
…die Natur, den Wald, die Pflanzen, den See als Erweiterung meines Körpers zu empfinden…
…eine große, schwarze Tafel anzubringen und darauf wechselnde Texte zu schreiben um sie von Zeit zu Zeit aus einiger Entfernung zu lesen…
…eine Traumfabrik, einen heiligen Ort meiner Produktion zu bilden…
…eingefangen zu sein in die feuchten Träume des Berges…

2
Was nahezu alle in ihrer Familie verband war die Eigenheit, ungeheure Trinker zu sein.

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Eventuell hilft es mir, Gesprächsprotokolle von unseren Unterhaltungen anzufertigen. Ich will verstehen.

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Jetzt ist also mein Bruder in den 11. Bezirk gezogen. Ob ihm diese Gegend zu gefallen beginnt oder ob er hier nur eine Wohnung hat und schläft und isst und liebt, ist noch nicht abzusehen. Ich sitze in der Zippererstraße und höre mir in einem Eckkaffee den hiesigen Dialekt an. Hier beherrschen ihn alle. Es ist aufregend für mich zuzuhören. Vielleicht liegt es am Freitagnachmittag, dass die Spelunke sich mit zwielichtigen Typen füllt. Sie sind allerdings eindeutig. Zwei Hawara haben sich eine Pizza von einem Lieferservice bestellt. Sie wird nun geliefert. Einer der beiden feiert seinen Geburtstag in dieser Art und Weise. Er wird 60. Den Kollegen, die an den kleinen Tischen sitzen, gibt er ein Stück von der Pizza. Auch mir bietet er eines an. Er bestellt Bier. Die meisten hier kennen einander. Ein anderer Veterane besorgt mir ein Glas Wasser für die Tulpen, die ich als Geschenk für meine Schwägerin gekauft habe. Langsam werde ich Teil dieser Gruppe. Ich frage die Kellnerin, ob es etwas Süßes zum Kaffee gibt. „Kekse?“ fragt sie.  „Ich denke zum Beispiel an Apfelstrudel.“ Ihre entrüstete Antwort: „Nein, so etwas haben wir nicht!“

Werkstättentext Brixen


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Venedig im Nacken, Dorsoduro, unser Sechstel. Die Alpen vor Augen, Übergang in unser Viertel.

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Wir setzen uns an den gedeckten Tisch und essen. Ich kenne mich. Nur nicht zu viel davon! Schon kosten. Und schon auch einmal satt werden, vielleicht über die Stränge schlagen. Jedoch nicht als Allgegenwart. Ein gedeckter Tisch macht schwer. Ich schmecke Fisch. Ich trinke Wein. Ich fühle Haut. Ich fühle Wasser. Ich fühle mich kräftig aufgeladen vom Begehrensgewitter und der Zeit, die drängt.

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Wir nähern uns an. Rienz und Eisack sind kaum zu hören. Auf dem Hinweg von der Wohnung zum Atelier treffen wir zwei blaue Schafe – ich kenne sie schon von einer Insel am Zürichsee. Der Blauschäfer Bonk hat sie kreiert. Die Schutzengelkirche, die Schutzengelgasse, der Hochzeitsbrunnen, die Pflasterung der Steine. Heute ist Tag- und Nachtgleiche. Die Hausnummer 6a. Rechts neben der Ateliertür befindet sich ein Postschlitz. Da hinein kommt Dienstpost für die Künstlerin. Wir treten über die Schwelle zur Goldschmiede.

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Werkstatt. Edelsteine. Halbedelsteine. Vergoldung. Rohdiamant. Maschinen stehen da, die Werkbank. Schmuckstücke liegen wartend in den Vitrinen. Manchmal gehen sie weg wie die warmen Semmeln. Offenheit und Psychologie werden genannt. In jedem Schmuckstück steckt Begegnung.
Die Gastgeberin nennt diesen Raum eine Viaggio, eine Reise, die verzaubert, die dich zu einer anderen werden lässt, als du glaubst zu sein. Sie sagt Großvater zu ihm, wenn er beim Frühstückskaffee sitzt und Kreuzworträtsel löst. Damit lässt sich so schön die Zeit vertreiben. Jeden Donnerstag kauft er sich das neue Heft. Er hat mit einer neuen Arbeit begonnen. Er bewegt sich dafür weg aus der Kleinstadt und findet Gefallen an der täglichen Reise. Er sagt: Oase, Kunst und Individualität zu ihrer Werkstatt und verbirgt seinen Stolz hinter seinem Schweigen.
Das eine Kind besucht die Kunstschule. Hier wächst es unter Gleichgesinnten. Das wohlbehütete Nest verlassend, seine eigenen Farben entdeckend attestiert es der Mutter einladend bezaubernde Geschicklichkeit.
Das andere Kind sagt, dass es sich noch unsicher sei, wohin sein Berufsweg führen solle. Das Atelier der Mutter, so sagt das Kind, sei klein, aber fein und edel und Mutters Platz.All das wird im Atelier verschmolzen.

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Bei der Goldschmiedin liegen viele Ringe in der Vitrine. Einem davon gibt sie den Titel Corazon fortunato, glückliches Herz. Ich sehe Verbundenheit. Ich sehe Öffnung. Fragilität in den zarten Zeichen.  Zeichen, die Halt geben im Schwanken. Hier gehen Weggefährten ein und aus, die nicht auf Schiene sind, sondern auf Liebe. Hier wartet Familienschmuck, der hineinwirkt in die großen Dinge, die wir entscheiden oder bleiben lassen. Ich denke bei all dem hier an eine Schatzkiste und an den Schatz im Acker. Zwei Anhänger aus Gold fallen auf. Sie werden wie ungeborene Kinder in den Grübchen am Ansatz des Halses liegen. Es schläft ein Bild in allen Dingen. Ich habe Respekt vor dir, dass du dich so weit fort bewegst. Meine Liebe wartet nicht mehr. Woher kennst du mich? Ich habe dich gesehen!

6
Sollen wir den Boden mit Heu auslegen? Oder mit Sand? Sollen wir den Himmel vom Firmament holen oder die Möll importieren? Oder sollen wir Wiesenblumensamen ausstreuen? Sollen wir gar die Unproduktivität preisen?

7
Die beiden Nebenräume sind durch Vorhänge abgetrennt. Sogar Wasser gibt es. Sollen wir das mitbedenken? Werden wir eine Projektion installieren? Eine Flut von Geschmeiden an den Hausmauern draußen auf der Straße, verschwommene Bilder von Schmuckstücken, aufgenommen mit der Lieblingskamera des Photographen, die über die gekalkten Wände huschen. Allen Prinzessinnen der Stadt zur Morgengabe? Und sollen wir einen Teppich über die Straße hinüber zum Atelier des Nachbarkünstlers legen? Der Freund dort zählt nur die wolkenlosen Tage. Er arbeitet mit Terrakotta und mit der Goldschmiedin. Heute ist er aufgeregt, weil er nicht zum Ohrenarzt gehen mag. Was ihm sonst noch Sorgen bereitet, sagt er nicht. Er trägt wohlgeformte Falten im Gesicht. Ich sehe ihn denken mit rotem Faden, er spricht nur Bruchteile davon laut aus. Er lässt Raum, um zu erahnen, was genau er sagen möchte. Der Lorbeerkranz steht ihm gut!

8
Ein Albatros schafft es, bis zu drei Monate lang in der Luft zu bleiben. Das heißt, er schläft auch während des Fluges. Die Flügel „rasten“ ein, sein Herzschlag verlangsamt sich, er lässt sich von der Luft tragen. Der Himmel über dem Atelier ist heute lichtblau. Die Sonne strahlt. Ich bin aus der Bahn geworfen durch so viel Vergoldung. Ich denke an die Einfachheit als Kontrast.

9
Wir halten uns einen Raum offen;
vielleicht wird all das einmal Deutung erlangen.

10
In der Nacht habe ich einen Traum. Ich bin daheim und werde nicht weggelassen. Dabei hatte ich diese Reise geplant. Nach Südtirol. Die Koffer mit den Keramiken sind schon lange gepackt, doch ich muss einer Essenseinladung folgen, Theaterkarten tauchen plötzlich auf, ich werde in Gespräche verwickelt, die keinen Aufschub dulden. Der Weg in den Süden ist unüberwindbar, so wie es aussieht, komme ich dort nie an.

Jammern


1
Bin im Gefängnis gelandet. Gefängnisseelsorgerin.
Jedes Auto darf parken, wo es will, jeder Rabe sich setzten, wohin er möchte. Ich habe mich eingesperrt in eine Struktur, die immer starrer wird.

2
Weshalb nicht auf Arbeit verzichten? Anstelle von Kunst, Kultur, Wirtshaus, Denken, all den Dingen, die uns in den Sinn kommen? In China gibt es eine neue Art, wie Jugendliche Widerstand leisten: Flachliegen.
Ich tendiere dazu, in meiner Einzigartigkeit zu denken, dass viele Menschen rund um mich Ähnliches erleben wie ich. Ich tendiere zur Absonderung, damit ich diesen Zwiespalt wieder für eine Weile aushalte.

3
Sie schreibt schon am Montag in der Früh, heute beginnt das Wochenende.

4
Träge. Träge. Trage.

5
Ich meine, wir sollten nicht so viel Aufsehen wegen des Klimaschutzes machen. Je schneller der Mensch sich aus dem Universum verabschiedet, desto besser. Für den Menschen. Er ist so klein.

7
Sie sagen zu mir: Chill doch ein bisschen! Meinen tun sie: Wir zählen auf Dich.

8
Er vertrödelt seine Zeit mit Arbeit.

9
Tun bis zum Umfallen und dann umfallen.

10
„Das Glück ist abgebaut und somit auch der Neid. Die Möglichkeiten sind klein geworden und somit auch die Wünsche. Die Hoffnungen sind auf ein Mindestmaß reduziert und somit auch die Enttäuschungen.“ Alfred Polgar

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Jene Gesellschaft ist reich, die Schmerz aushält. Das hätte man bis vor einem halben Jahr nicht in einer Zeitung gelesen bzw. hätte man es nicht geglaubt. Jetzt ist es das einzig Richtige

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Darüber jammere ich besonders gerne: dass der Kapitalismus in alle Systeme eingreift, vor allem in das Gehirn von Menschen, die sich eher der Muse hingeben sollten.