Bescheidenheit
1
Ich werde gar nicht erst über Bescheidenheit nachdenken. Ich bleibe Zeit meines Lebens in der Hütte wohnen. Ich lege das Augenmerk ganz woanders hin. Auf die Geschichte, die meine ist. Auf deren Unfassbarkeit.
2
Ignoriert zu werden, das hat Vorteile.
3
Ich beobachte eine Strömung in der jungen Weinbauszene, in der es keine Scheu vor der Handarbeit gibt oder davor, mit den Händen in der Erde zu sein und an der Pflanze, obwohl die Schaffenden aus ganz anderen Lebensbereichen kommen. Sie kennen sich theoretisch gut aus und können nächtelang Wein trinken und sich über Wein unterhalten. Sie sind weltoffen. Und bescheiden.
4
Geld ist nur eine Form von Energie. Eine andere ist Langeweile.
5
Ich mache einen Tagesausflug mit ihm. Wir vertreiben uns die Stunden mit einer Ausstellung und einigen Wirtshausbesuchen. Nach monatelangem Abstand nähern wir uns so einander an. Mich drückt mein Bauch ein bisschen. Weil er davon erzählt, wie ihm seine Verdauung zu schaffen macht. Er ist mit sich selbst beschäftigt. Sich mit anderen Menschen zu befassen, fällt ihm schwer. Viel Angst steckt in ihm. Und viele Tränen. Ihn belebt der neue Job, ihn belebt ein volles Haus daheim, ihn beleben Menschen, ihn belebt der Unterricht mit SchülerInnen, die ihn fordern. Er ist ein Gestalter. Und er würde wieder einmal gern auf dem Sofa liegen und einfach nur fernsehen und etwas in sich hineinessen. Zwei Wochen später am Telefon sagt er, auf einer Zufriedenheitsskala von 10 sei er bei 6 gelandet! Er hat sich vertrauensvoll dem Sofa angenähert.