Sammeln

1
Mich sammeln.

2
In der U –Bahn setzt sich ein Mann neben mich. Im Schwung des Hinsetzens hält er mir ein kleines Büschel Eibenäste unter die Nase: „Eiben. Die blühen jetzt“. Der Zufall will es, ich lese gerade in einem Buch, das von den ältesten Bäumen der Welt erzählt. Darunter gibt es ein Kapitel über die Ankerwycke Yew, eine 2500 Jahre alte europäische Eibe, die in Großbritannien wächst. Ich zeige dem Mann wortlos ein Bild dieser Eibe, die auch im Buch abgebildet ist. Er nickt. Wir verstehen einander, weil wir voneinander wissen, dass wir Bäume mögen und mit und von ihnen leben. „Ich hoffe, sie essen sie nicht, die Eiben!“ „Aber nein, sie würden mir nicht bekommen.“ Zwei Stationen später beim Aussteigen, winkt er mir mit dem Eibenbüschel zu. Unscheinbar verschwindet er.

3
Es kommt nicht oft vor, dass das zusammenpasst. Meistens will man nicht in Kontakt treten mit Fahrgästen, wollte man es aber, dann findet man grad keinen.

4
Eine mögliche Art, auf Dokumentation zu reagieren: Was ist hier eigentlich die Frage?

5
Ich will Ombudsfrau zur Endbürokratisierung sein.

6
Wissenschaft bedeutet: Sammeln, Sammeln, Sammeln …ohne vorerst genau zu wissen, wofür und für wen. Welch schöne Beschäftigung!

7
Kunst. Warum so etwas Nutzloses?
(Sie…erinnert, irritiert, enthüllt, befreit, deutet Herkunft, Gegenwart, Zukunft, hilft mir, mich selbst zu verstehen…?)

8
Die Früchte eines großen Obstgartens ernten, einkochen, vergehen lassen… Eine große Wanne füllen mit tiefroter Emotion.

9
Wenn wir sonst schon nichts im Leben weitergebracht haben, wir haben einen Keller voll mit gutem Wein!

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Weshalb sollte man innerhalb der Familie überhaupt Affinitäten zwischen den Mitgliedern finden?

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Ich könnte jeden Tag skizzieren, jede nur erdenkliche Auffälligkeit oder Bemerkung festhalten. Das alles einer poetischen Reflexion zuführen. Genaues Schauen hilft, die Perspektive zu ändern.

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