Fragen


1
Es kristallisiert sich die bedeutsamste Frage in diesem Jahr der Enthaltsamkeit heraus: Wie viel Menschenkontakt ist mir zuträglich? So, dass alle etwas davon haben, ohne zu viel zu verlangen.  Der wohlwollende Gefährte weist mit Nachdruck darauf hin, das Leben dauere nicht ewig. Das eigene Kind meint, es gäbe eine Zeit fürs Geben und eine fürs Nehmen.
Jetzt ist es Zeit für das, was auf der täglichen Aufgabenliste an letzter Stelle steht. Oder gar nicht draufsteht. Die Lieblingsdinge. Das Alleinsein. Das Nichts-leisten-Müssen. Das Nichts-Müssen. Das Bescheiden-Sein. Das Genau-Schauen. Das In-den-Tag-hinein-Leben. Das Sich-selbst-Beobachten. Das Aufeinander-Zugehen ohne Termin. Die Gedächtnisschule Langsamkeit. Das Lustwandeln im eigenen Körper, noch bevor er gebrechlich und schmerzhaft wird. Das Großzügig-Sein. Das Beachten des Überfließenden. Der Rhythmus, angepasst an das natürliche Licht. Das Einssein. Das Geborgensein im Nichtwissen. Das Mich-fallen-Lassen in die Unsicherheit, bis sie trägt.

2
Zeitlebens bin ich dabei, einen Standpunkt zu finden, von dem aus ich möglichst viele Fragen stellen kann.

3
Zwei Geschwister sprechen über ihre Kindheit, die lange zurückliegt. Obwohl sie nur ein paar Lebensjahre trennen, sind ihre Erinnerungen an Gemeinsames fast gegensätzlich.
Welche Erfahrung stimmt?
Woraus setzt sie sich zusammen?
Worum geht es?
Es liegt alles sehr nahe beieinander, unabhängig davon, ob man die Provinz verachtet oder sie erfrischend erlebte. Ob man dem engen Tal und der erlernten Alltagssprache Erweiterung abringen konnte oder nicht. Ob man es wichtig fand, Wörter wie Küssen, Sex oder Vagina mit den Jahren in den alltäglichen Sprachgebrauch aufzunehmen oder nicht.
Ob man die Menschen, die damals dort lebten, lieben durfte oder nicht.

4
Ich bedränge mich selber damit, die richtige Frage zu stellen. Ich schieße sie ab wie einen Pfeil. Zurück kommt die wohlüberlegte Antwort. Einmal bin ich enttäuscht. Ein anderes Mal erkenne ich das Wahrscheinliche darin und freue mich ob des getanen Schrittes.
Wer auf eine wesentliche Frage eine Antwort gibt, scheint auf dem Holzweg zu sein. Eine wesentliche Frage führt ins Offene, ins schillernde Versprechen. Und trotzdem bin ich verrückt nach dem Frage-Antwort-Spiel, nach dem Fremden, das in ihm liegt, dem reizvollen Unerkannten, verheißungsvollen Ungefähren…

5
Eine echte Frage macht viel Arbeit. Zum Bespiel jene, die einen aufregenden Wendepunkt im eigenen Leben markiert. Zum Beispiel: Willst du mich heiraten?

6
Sie fragt: Warum siehst Du mit 68 noch so aus, als wärst du 58?
Er sagt schon seit vielen Jahren, er sei 68.
(Verliebte sind doch immer schön, oder?)

7
Wo in Österreich gibt es noch Urwald?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert