Apokalypse

1 Überraschend fällt mir ein ungewöhnliches Geschenk zu: 16 Tafeln von Albrecht Dürers Apokalypse „Heimliche Offenbarung Johannis“. Als Nachdruck aus dem Jahr 1947. Die Originale erschienen 1493. Ich betrachte am liebsten die Tafel 6, „Vier Engel gebieten den Winden“.  Alle Abbildungen preisen eine neue, lebensbejahende Welt: kräftestrotzenden Figuren, die Heiterkeit eines Apfelbaumes, himmelwärts geöffnete Bewegungen. Wenn dann weiters von Räucherpfannen und viel Weihrauch die Rede ist, von zu schreibenden Worten, die zuverlässig und wahr sind, dann bekomme ich Lust, manch Vergangenem den Rücken zuzukehren. Siehe, ich mache alles neu.

2 Ihre Eltern sind Balletttänzer. Die Mutter verletzt sich bei einem Arbeitsunfall derart schwer, dass es für sie nichts mehr zu tanzen gibt. Der Vater fällt mit seiner Frau. Mit einem Spielzeugladen finden sie ihr Auskommen. Darüber hinaus lassen sie sich vom Alkohol auffangen. Die fordernde Kindheit  übertüncht sie mit Großmutter, Magersucht und Zimt-Orangenaromen. Wohin gehen, wenn das Gasthaus geschlossen hat?

3 Der Bauer setzt die Freude ob eines guten Erntejahres als vorläufiges Betäubungsmittel ein. Ob sie ihm dauerhaft bleibt, nach zwei OPs, in der ihm beide Füßen abgenommen werden, wird er erst im Frühjahr sehen. Vieles wird er noch machen können. Zum Beispiel den ganzen Winter über Walnüsse aufschlagen für die Nussstrudel und die Bäckereien, die die Töchter auf den Tisch zaubern.

4  „Heutzutage ist sogar die Schokolade bitter. Und das machen die auch noch mit Absicht, ist das nicht seltsam?“ Hakan Nesser

5 Die Vorstellungskraft als Geschenk sehen, als Möglichkeit, das Unmögliche zu enthüllen. Diese Kraft entzieht der Gegenwart die Macht über uns.

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