Atem

1 Beim Zäunen auf der Alm, dem großen, einzigen Sehnsuchtsort, das Leben aushauchen, weil das Herz aufhört zu schlagen. Eine Familie hinterlassen, eine schwerwiegende Lücke auftun. Als Kind sehr schüchtern sein, neben der Zwillingsschwester in der Schulbank sitzen, sich kaum getrauen, sich einmal umzudrehen zu mir, seiner weniger schüchternen Schulkollegin, nie in eine damals so beliebte Schlägerei zwischen Burschen verwickelt sein, kaum etwas erzählen von sich, dadurch mit allen Mitschüler*innen verbunden sein, diese Wortkargheit bis ins Erwachsenenalter zur Perfektion treiben, sein Innerstes nur zeigen, wenn Alkohol fließt. Die Sanftheit, einen Wohlgeruch, eine Berührung in der Musik und in der Annäherung an eine Frau suchen, gehofft haben, das alles und mehr in der Frau zu finden. Die großen Tiere lieben, Kühe in ihrer Wärme und dampfenden Mütterlichkeit. Den aufsteigenden Atemwolken in der milden Kälte der frühen Sommermorgen auf der Hochweide hinterherschauen, am Boden milchweiße Pfützen, kein Himmel spiegelt sich darin. Dahinter eine zarte Kinderseele vermuten.

2 Dass jeder Augenblick zur Erfahrung des Ewigen werden kann, 

das bedarf eines langen Atems, sagt mein Chef. Ich sage, wenn ich während eines Kusses aus dem Atem des anderen schöpfe, reicht er für mehrere Leben.

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