Spinne
1
Ein ganzer Freitag, der nur mir und meinen Ideen gehört. Und wie lautet der erste Gedanke in der Früh? „Soll ich einen Tisch im Stundenhotel reservieren oder selbst ein Fünf-Gänge-Menü kochen?“ Ich habe Lust darauf, unprätentiös und fein, geschmacklich komplex und perfekt aufeinander abgestimmtes Essen zu mir zu nehmen und mit allen Sinnen in einer zeremoniellen Langsamkeit zu genießen.
2
Plötzlich sitze ich im Dorfkaffee und wohne einer seichten Theateraufführung bei. Es kommt mir vor, als müsste ich jeden Sonntag bei meiner Schwiegermutter zu Mittag essen (was nie der Fall war!) In diesem Zusammenhang lerne ich, dass unser Gehirn offenbar keine Überraschungen mag. Stimmt das? Und wenn es gute sind?
3
Ich trinke mit meiner Tochter einen hervorragenden Welschriesling aus dem Südburgenland. Ich unterhalte mich mit ihr über die Grenzen des Dorflebens, über ihre Zukunft an der Uni und darüber, dass sie ihre Wohnung in Wien neu einrichten will. Die Leute rund um uns meinen: „Monogamie, das klingt so verführerisch!“
4
In den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es laut. Man setzt sich in die U-Bahn, um mit der Familie in einem fernen Land zu chatten. Oder um Videos zu schauen (ohne Kopfhörer). Oder alles auf einmal.
5
Das Café am Heumarkt bleibt unverändert außergewöhnlich. Ruhig. Verschroben. Wir essen zusammen ein Menü. Nudelsuppe und einen Schweinsbraten mit Knödeln, Sauerkraut. Und einen Schnaps, den trinken wir dazu.Es ist still im Raum. Nur eine große Säule, ein Nistplatz aus Heu unter den Heizkörpern für die Mäuse und ein paar Gäste, die sich ruhig verhalten, und immer wieder zum Rauchen vor die Tür gehen.
6
Trennen oder zusammenbleiben? Diese Frage stellt sich oft. Und es ist das Einzige, worüber wir reden wollen, wenn es nichts mehr gibt, was noch vor uns liegt. Vielleicht sind wir nur auf der Welt, um die Menschen zu lieben, die wir kennen, um uns um sie zu kümmern, und selbst dann noch zu lieben und uns um sie zu sorgen, wenn es Wichtigeres zu tun gäbe.
7
Wir machen vieles deshalb, weil wir es können.
8
Ich lasse mich von seinem wachen Geist ein bisschen hin- und herschubsen. Zwei Gläser Prosecco, ein gefülltes Salzstangerl und die Nusskekse meiner Freundin sind unsere Nahrung, um abzunehmen. Wir sitzen in einem Raum mit dunkler Tapete und Fotografien mit grünen Motiven an den Wänden. Die Fenster sind weiß und der Ausblick auf den Stephansdom ist einzigartig.
9
Es ist da ein Innenraum, ausgespannt mit jenen Fäden, die meine sind, die mein Hirngespinst sind, meine Gedankenfäden, mein Spinnennetz. Der Boden unter meinen Füßen wird fester, wenn ich diesen Raum manchmal aufräume, ausräume, nur mit jenen Gespinsten bestücke, die mir gefallen. Mein kurzes, kostbares Leben erkennend, selbstvoll … der Raum einer Liebenden.
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Weiterspinnen
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Faulenzen macht nur Sinn, wenn man ausgeschlafen ist.