Texte
[zwischen zwei]
ein wunder, so nah gebaut an der wunde
auf diesem stern mein
zwischen den schenkeln die hand, immer schon
das sprechen, ohne zu sprechen
das alles offen lässt, alles zusammenhält
es ist alles nicht lange her
das verschwundengeglaubte
fortwährende strömen
sich vermuten, sich aufrichten
in das hereinfallende licht
[brennen lernen 1]
gummistiefel steigen aus dem foto, zöpfe, zähne, lücken
steigen dohlen aus dem niedermoor
und ernste blicke, die der aufgestaute see gebiert
die kleidung riecht nach tag und nacht
alle blicken in die kamera
einer schaut hinab ins tal
nächstes jahr wird er sterben
ihn tragen vier männer
über die höhe ins gegenüberliegende tal
verpassen dem bach einen tritt
er mäandert weiter
richtung graben, richtung schlund
wer lässt die berge stürzen
wer streut holzasche über den ersten schnee
wer rettet die letzte ernte?
hier geht’s ums gehen
sie roden, sie ziehen, sie überqueren
spät erst baut der bürgermeister einen güterweg
mir entfällt das letzte wort
taurisker, es füllt den mund
in der mulz versunken
heute fegt der wind im birnbaum
wir steigen höher hinauf
sammeln die rosenwurz
ich bevorzuge gold
schwefelkies zieht der säumer
über den waschgang zur verhüttung
du, erschöpf dich nicht!
musst noch brennsuppe kochen
in vier monaten wird das heu geholt
[brennen lernen 2]
der hund weicht nicht von der seite
nur der lockstab fliegt davon
brennholz für das lagerfeuer
zirbenholz statt ebenholz
glut und feuerwerk der späten stunde
die bachsteine sind aufgeladen
schnür das paket aus baumhaar
zähl die verglühenden am himmel
und fertige ein nest aus wilden beeren
wachs doch parallel zur wiese
verwechsle wetter mit meerwind
und zieh das netz über die haut
der mensch ist eine sau
das wort fährt ein und geht
raus beim rechten ohr
stört nicht!
sind in meinen bergen
[brennen lernen 3]
erkennen wir den wasserfall, den urschrei
zieht wind über den bergkamm, haar und schleier
die spalte im gneis glänzt zwischen den fingern
gegen den fels gehalten
grün ist da alles, salzig, feucht
grün spannt sich über alm, leuchtet die tauern aus
hängen herz und harz am lärchenzaun
beide sind alt genug fürs frieren
ich will schnee sehen
bevor er den bach hinunterrinnt
blutschnee; genau jetzt, nur ich
genau jetzt, nur ich
befragst du den eisvogel neun sommer lang
danach keine weiteren aussichten
zeigt er keinen traum? nicht alles ist horizont –
glaub ihm nicht!
wo sich die quellen mischen, ist hier
im graben, im gartenschlauch, über das geröll verlegt
wir trinken kuhmilch und vogelbeer
und halten andacht
Vertonung Heinz Stadlbacher
[fischteich, besitzen]
bekommst tourismus serviert
am warteplatz am teich
freundschaft mit kellner und ente
glitzernde weite
weiße leinen auf den tischen
gardinen aus weidenzweigen
alles wird noch heller
wenn der mond aufgeht
im flachmeer tummeln sich muscheln
und schlammschnecken
abu dhabi liegt nahe
auch die bahamas und die schweiz
hier ist also das meer über uns
hochgebirge, auf dem wir wandern
die welt steht kopf und
unüberhörbar sind die fernen tage
bestellst futtermittel für geflügel
seltene wirbelknochen von delfinen
gemahlen, vermischt, bewachsen
machst mit freiem auge flache dünen aus
der graureiher fädelt
blitzblaue schnürsenkel in die alten schuhe
was wäre jetzt ungewöhnlich?
ein zilpzalp auf der angelrute?
ich trage aus verlegenheit
ein rotes kleid, ein schwarzes tuch
von der stange. hab sommer gefunden
es sitzt. es passt
ich habe tee gezuckert, getrunken
ein warmes gesicht, einen kalten schoß
hauche wiederholt worte in den sand
es ist vieles schon geschehen
[trag die dose]
in der tasche, nah am körper
samtig in der hand
abgegriffenes metall, silbern, matt
das ornamentmuster rankt
über weiche kanten
riecht nach großvater, holzarbeit und wolle
schmieröl. zwei tabakbraune finger
greifen hinters ohr
öffne die dose
nehme die kubanische
rauche unbeirrt
asche in den ascher
verbrenne nicht, brenne
dahin in dieser wärme, hitze
glut. mein freund, glosende glut
bliebe doch der leib gänzlich unversehrt
halte deine asche
sorgfältig bereit für die letzte reise
wer räumt dieses elend weg?
die luftfeuchtigkeit muss passen
dagegen ist nichts zu machen
von staub zu staub
trage die kleinen steinchen
in meinen schuhen
das gefäß ist steinhart
[groß sein im wünschen]
geruch nach kaffee
sanftheit, verblüffende zärtlichkeit
du hast rosen besorgt
zur hand genommen, aufs wasser gelegt
am teich treiben sie, driften ab
tragen dein lied
wieder ein spiegel, wieder ein spiel
sprich leiser! summ!
schreib ich alles noch kleiner?
die guten jahre, die bitteren jahre
vom dichten nebel
in die nase hinein kriecht er
den klammen fingern bleibt
in der jacke nichts verborgen
trauerweiden, weißpappeln
reißen den blick weg vom nabel
ich sehe den ersten haarriss im schloss
nach sechs jahrzehnten
ein puls im schoß der mutter
ich werde den vorhang nie zuziehen
[ich beneide den biber]
in einer nacht
ist der wald auf den kopf gestellt
sein akt dauert einen
wimpernschlag lang
der boden
hält den feuchten bärlauchstock
der verwesung entgegen.
hat temperatur. schlägt wurzeln.
zurück in den sumpf! ich bin eine pflanze
Vertonung Heinz Stadlbacher
[die falten]
ein ginkoblatt, bild ich mir ein
in wirklichkeit
ist es die ulme, die ruste
fällt dem stier auf das horn
transleithanien
war immer schon wild
stets nur fünf gehminuten
bis zum wasser
fisch raus den wels!
zwischen schwimmhäuten
sternenglitzer der wellen
die eitle wirft
funkeln auf den kanal
und wie sie sich spiegelt!
nenn dein zwei nackte füße
zwei zahme tiere
nenn dein die enten
den kormoran und die schwäne
nenn dein den kanal
der fisch auf dem grill
die arbeiter unter der brücke
schichten wetter um wetter
im graupelsturm im frühling
reihum der flachmann
wo ich jetzt bin, war ich noch nie
ich darf das
[hinauswachsen]
wacholder, der wilde, zottiger spitzkiel
über die steine treten meine blanken füße
vier füße
zwei voller geruch
und zwei
voller stacheln
aufgestachelt, die beißschrecke
rattert am grau-andorn: willst du?
Vertonung Heinz Stadlbacher
[wir bestellen den garten auf der fensterbank]
ahnen zukunft, erdenken einander ein hühnervolk
beim genauen betrachten ist der blumenwiesensamen
voller farben und formen, nicht eintönig, sondern schillernd
er läuft dem sommer und der verheißung voraus
außerdem ist das abglanz und retro, überall neuauflage
ich hab im winter schon ausgepflanzt, ohne zögern
grasgrün kommt schon, die stauden bleiben für immer
die himbeere im ausschnitt der bluse rutscht tiefer
verschmiert den rand zwischen haut und stoff mit rot
[einen sonntag ehren]
hält er doch ein fenster offen
ich sammle insekten
für das mittagessen
selektiere pigmente
für die dünne brühe
wurzeln kriechen durch
meinen harten gartenboden
hier wohnt frost
hier wohnt behaglichkeit
lass nicht locker!
die pfeffermühle flüstert
zwei zitronen säuern vor sich hin
gelockt zu werden
in die vogelabteilung
des naturhistorischen museums
in die kirche auf dem hügel
am ende gezerrt und gezogen
diese zähen sonntage
unfähig, eine harmlose
entscheidung zu treffen
unfähig, sich da nichts anzutun
[es funkelt, glimmer, firn]
das schloss vor unseren augen
stockt uns der atem
es taut in unserer stadt
anderswilde stille, schweigen
wortgewalt im akt und zittern
ist zartes auf der zunge
ist frühling in der stadt
[anstrengung im schlaf, meine haut]
um den körper eines säuglings wickelnd
von neuen gesichtern träumend
der schmerz im kopf ins innerste gewebe
eine leichte hand auf den bauch legend
mein hab und schutz: ein wissen
die augen bloß noch nicht öffnen
das meer ist vorher schon da
dazu braucht es kein versprechen
nicht hineinpassen ins kleid
ich bin schwer, das ist wahr!
mein beruf: ein tag am meer
wir können alles, du hast ja zwei hände
eine für mich und eine als platzhalter
irgendwann teilen wir ein sterbebett
ein poem zum frühstück, mit butterbrot
herz in der stadt, haut in der stadt
ein weiches ei am ufer, kein detail am rande
tipp: schütte einen liter milch
über mich, dann schau ich aus
wie ein kälbchen
[samen. zurücktreten gilt nicht!]
vor dem spiegel ein schwarzes nichts, blind vom licht
der kopf, berstend und kaum lärm auf der straße
die straße schrumpft zusammen, hat platz in der faust
dem becken, schütte wasser ins klo und gurgle
einladung und aufregung weg
mars bei den plejaden, links die hyaden mit aldebaran
der nicht zu dem haufen gehört
vor das goldene tor hintreten, richtigstellen
mit zaghafter geste, zeigefinger an der schläfe, die bahnen
detaillierter umkreisen
es fehlt der weiße saft, der ein sternenbild zeichnet
die milchstraße gibt auf, tritt zurück
neu ist die sprache, schleicht sich an, dringt ein
in zukunft erkenne den weg am verlorenen haar
[der überdachte raum, dunkel]
dieses grab geht mir nun schon seit tagen nicht aus dem kopf
als gäbe es nie wieder eine geburt!
tulpen welken weiß und gelb vor sich hin
so schnell verwest es nicht in der grube
das beste aus zwei welten
erweck nicht zum leben, erkenn kein geschöpf
den geschmack von blut auf der zunge schleck ich, schluck ich
wein weg das geschenk, die gabe im park
zieh meine roten pfade
sammle den müll, stopf in den sack
stopf in den kübel – neuer fluchtpunkt im park
rotbuche, kastanie, kalabrische kiefer
zeichnen die äste darüber hinweg, sie bilden ein dach
so kannst du es lassen
[kraft, hinan!]
durchströmen, erkunden
nicht wach werden, neben mir
der einsame bettler im schlafsack
harmlose geräusche am morgen
motorsäge und straßenlärm, platschen
relief aus sonne, kristall
eisgarten am fensterbrett
die stadtwildnis ist nicht genug
weiter geht die reise
mir schwebt island vor
mir schwebt urwald vor
es kitzelt, es kribbelt
bin warm, bin kalt, atme, tropfe
ein nest in der baumkrone
träum ich storchenflug, graugans, falke
reisen aus dem nichts
ins fleischdelta, die höhle, die schlucht
mir schwebt island vor
island im sommer
das zelt mitnehmen, die decke
den wanderstock und ein versteck
zwergwacholder, silberwurz
das nordische berufskraut stehen lassen
lass dich [an]schauen!
lass dich anschauen
es staubt gold auf den altar
überschwang, verneigung, ein schaugefäß
in rituale gebettete splitter –
kratze den ganzen tag nach tau
der dunkelheit zurückgeben
was sie schenkt
wir sind für die anderen
erwachsen
[limes mit mangopüree]
bringt mich in stimmung
für den großen satz
brösel kommen in den blog
die essenz gelangt ins buch
kein mensch weiß alles
nur ich weiß alles über mich
ich quetsche mich aus
wie eine orange für die torte
[nacht ist]
wo ich mir
selbst gehöre
und stille
[ein gedicht schreiben]
auf ein blatt papier,
das so groß ist wie ich
169 zentimeter
[auf die piazze der schönen]
basare, ein träumender
spalt, hinaufsteigen, hinuntersteigen, ein schwarm
gedanken, hochgehoben, zu blumensträußen
gebunden, mit einer zigarette im mund
schräg, den hut auf dem kopf weht der wind davon
spielt ein pappbecher mit den wellen
der regen auf den schirmen, auf der nackten wange
spritzt ins gesicht. setze den fuß in die luft
will stehen bleiben, finde mit dem boot den weg im kreis
nicht vor und nicht zurück
es klappern die stöckel auf dem pflaster
wir, unversehrte gebilde
und wenn nicht: arm und schultern wachsen nach
wir sind nachkommen der axolotl
schon etwas verrücken. schon kosten
und schon einmal auch ein voll gedeckter tisch
tücke und 100 gesänge der glocken von sanct nicolai
ich weiß, wie oft am tag, damit nichts verloren geht
wird der himmel über mir verschüttet
es ist kein zeichen, kein widerstand
entkoffeiniert. gnade passiert
blasiert wie wir, denken dem licht nach durch eine brille
beten ohne text und laut, salben jede ritze, jeden spalt
in dorsoduro erscheint uns
eine lokomotive ohne schienen
[ein atelier betreiben ]
lass mich den turm
hochklettern! (er ragt
trotz zerrüttung in
das strahlen) belohn die
ferne mit aussicht
wirf doch noch schatten
auf den auszug
spiel, trotz und zappel!
ignorier die absperrbänder
kämpf ums überleben
du hörst ja
wie die herzen schlagen
sie pumpen blut an land
wer beklemmung fühlt
sucht die überraschung nicht
raab und donau dunkeln,
ruder blättern schläge
in die gischt
und stöckchen schreiben in den sand
das ist eine feine lüge
mutterland, das blüht dir nicht
kunstblumen zieren die gräber
auf körpern aus papier
malst öl und zeichen. am brunnen
tanzt kein zauder, keine sorge
bau ein haus im milchorangenbaum,
salz nach den fisch, den roten brei
leg maulbeeren auf die lippen,
dann: geh! am bahnhof
spielt das wetter keine rolle
[möll]
die reise rückt näher, der traum:
es wird eng, ausweglos
zurück in die enge des tales gedrängt
ich spüle das geschirr in mutters küche
die nicht mehr ihre küche ist
ich betätige die klospülung
im haus, das auf geröll gebaut ist
wasser rinnt in die möll
bis hin zum möllplatz
wo mein auto parkt
das ist die hölle: in einem dorf
das man verlassen sollte, begraben sein
ich entscheide mich, fahr nicht heim
depression ist keine pflicht
lass mir die kindheit nicht nehmen
es springen frösche als metaphern
aus dem starren, suchen essensreste
es fließt in einem schwung
ein wortschwall in die strömung
angelesener rhythmus: mutter, butter, bächlein
[er legt mir fotos vor, atemberaubende]
das vertraute erkenn ich darin nicht
retouchiert, um welten schöner als in erinnerung
landschaft, um welten schöner, als das auge sieht
ich wünsch mir sicht und einen fluss als grabbeigabe
er führt niedrigwasser, kleine wirbel
in tieferen zügen und rinnen
ist die strömung meist sehr stark
steigt der pegel, ist das ufer unerreichbar
geschenkt, das ganze spektrum, wie wir es wollen
platz finden: jänner, feber, tau und anger
schlanke gischt, wasserspritzer in allen farben
tauchen ein in bewegung, windung,
wendig fließt es weg, bruchkante, quer zur welle
brücke hin zum schwarzen meer
das helle darin für äsche, bachforelle
ganz selten fängt man auch noch einen saibling
am ufer kleine gärten, höhlen, licht und dunkelstreifen
hier lass ich dem zaunkönig seinen auftritt
den leichten flug zum erlenast
fotos wie ein kirchenfenster
die kirche mit dem roten dach
türkis und ein braun wie gelb
silberweiß, glasklar in seinem fall
ich schaue das mosaik mit weichen augen
[zum fünfuhrtee beim bruder]
keine wickel haben wollen
die warme stube nicht verspielen
zwischen den jahren streunen
hinausgehen zum baum, zur quelle
schlick zwischen den zähnen
zwischen den felsstücken, tauernfenster
schieferhüllen über zentralgneis
nur unten am fluss ist ewigkeit
bin nur mehr für acht jahre
mit inbrunst und pfauenaugenaufschlag
in der freundschaft mit ihm
ein alter schuh
wird dann nicht genügen
ja! sorry, ausgerutscht!
plejaden im nussbaum –
heb deinen kopf
ab in den nacken mit ihm!
ich pflücke sterne
mit klammen fingern
gold war immer schon
[zwei gelbe flecken nur]
der orkan fegt uns den flussabwärts
wir sausen aus dem hirngespinst
gehen entlang der fotozeile
wandern den wald ab zum wasserfall
wäre nicht die kleine lawine abgegangen
wäre er fast zu übersehen
wie eine grafik, diese bäume
weißer schnee und schwarze stämme
die hand behutsam auf die rinde legen
wie eine grafik, ein paar hohe pflanzenhalme
aus dem weißen waldboden hervorgestochen
fester schnee und luftiger schnee wiederholen
überholen den schneefall
selbst auf den stämmen legt er sich ab
vom wind angetrieben, aufgestaubt, losgepulvert
schmeck die kälte auf der zunge
wer könnte sagen, grau sei hier alles?
[jede zweite nacht]
mein gedicht liegt
im schlafrock
auf dem boden
[hallstatt]
die wellen meiner trauer ruhen unter eis
so ähnlich hätte ich es dir geschrieben
wenn du mich je gefragt hättest
wir versäumen die kurze zeitspanne
in der das beinhaus offen ist
hierher hätten wir den totenkopf zurückbringen sollen
der seit geraumer zeit ein obdach sucht
einen bleistiftstrich fürs zeitliche
vor 30 jahren war ich schon im salzbergwerk
leben hier noch echte menschen?
im winter bleibt das tor geschlossen
und die festtagskrapfen im gebirge
sind aus schmalz herausgebacken, angezuckert
von der tante hätte ich erzählt
wie sie krapfen formt, nebenher
links liegen sieb und schöpfer
ob sie wohl noch in der hölle schmort?
wir essen und zahlen einen wochenlohn
das fährpaar empfiehlt die spätere überfuhr
zwischen berg und abgrund
überall legt er sich ab, der frost
hätte erzählt vom weg der schwester
über die promenade, zum markt
eines kalten steges entlang
von der hängebrücke
dem hinweis zur tiefsten stelle
tanzt mein spiegelbild am see
[butterteich]
es gibt von mir nichts neues zu berichten
außer: camping am viktor-adler-markt
dann mit der straßenbahnlinie 6 zu annegrett‘s cafe
trinke dreimal schnaps am butterteich
versenke alles im weiher, an dem du mir mit dem skalpell
große flecken haut aus meinem rechten unterarm schneidest
du transplantierst sie mir auf den linken oberschenkel
mal mir ein bisschen leben drauf, schrei ich
du trägst verlust in den händen. sie sind groß wie zwei laibe brot
aus einem teller essen wir suppe zum trotz und trost
das neu! neu! macht kleine schritte
du setzt vorerst auf weltuntergang, weil tropfen fallen
desinfiziere die fragmente meiner wunde
auf der bank vorm böhmischen prater liegt unterwäsche
nass und vergessen von zaungästen von damals
am westbahnhof steig ich um
[schade, kein gras für meine füße]
bin eingetaucht in räume eines anderen
lege mir die haut des fremden an
vor dem fenster wiegen sich zweige
schwalben huschen vorbei
vom acker herein weht ein irrlicht
es riecht nach tier. es riecht nach holz
es riecht nach alm und nassem heuboden
der dauerregen bedeutet fünfzigmal warten
natürlich steinschleudern. natürlich stampfen
mit beiden beinen je einmal auf lehm
in meiner schreibstube lass ich mich nicht stören
hier muss ich die gebeutelte welt nicht fassen
die kellervorräte gehen allmählich zur neige
ich betrinke mich mit altem rotwein
trage einen meteoriten um den hals und weiß
diese sternschnuppe passt. ich denke mir ein holpern
einen troll. jederzeit. zieh doch mal hierher
und wirf den herbstmantel über die nackte schulter
sei ein eindringling! wer will denn schon
so spät herumstreunen, andauernd fehlen
[zwei besoffene männer]
auf der rollfähre
der schnaps steht offen
zwischen dem objekt der begierde
und dem abtauchkurs schwitzen sie
daubelfischer hinter pflanzendickicht
wasservögel tragen beine, schnäbel
unterschiedlich lang herum
graureiher. flussregenpfeifer. bachstelze
den seeadler seh ich nicht
schwarzstorch. sperber. kormoran
ich gurre ohne unterbrechung
halte das gesicht in den äther
das handtelefon klingelt
der rotmilan ist dran
ich bade
lege mich
buchstaben für buchstaben
in den marchsand
wer hier nicht schwimmt
ist selber schuld
spinnen verweben
den uferbereich
diamantenbesetzte netze
schwemmholz. pappeln. ulmen
schwemmholz
schwemmholz
zum abschied
kleben an der scheibe
winzige tiere
[eine wahre geschichte erzählte das kind]
zuvor unterm strauch verscharrt
der blick wanderte die gesichtszüge ab
die hand legte sich warm auf den stein
keiner wird es jemals stören
das land, gelobt durch unverbindlichkeit
dahinter das glitzern von gibraltar
sand weht, marmoriert sich bis zum rand
weiter hinten ein schmaler streifen licht
schiffe tragen stellvertretergedanken vorbei
moleküle sind spürbar, drängen dank auf
ein geschenk des alters, unerwartete zugabe
hoffentlich tritt niemand drauf
[einmal im jahr]
wenn die sonne vom schornstein rinnt
und du schläfst und ich mich in deine seele lege und lausche
dann ist das leben der gegenzauber für das fieber, die kopfqualen
dann kann mir die göttin des wechsels aller dinge gestohlen bleiben
weil alles im moos ist, im quellmoos. endlich daheim in zahorska ves
[alles wie nie]
wir wissen nicht, wo wir sind
man verliert ja ständig etwas –
gegenstände, einkaufslisten, das wesentliche
aus den augen, die durchblutete schleimhaut im bauch –
aber jetzt, unter diesem zelt, bin ich nicht infrage gestellt
als hätte ich das wort armselig noch nie gehört
die muttersprache zwängt sich aus ihrem versteck ins ohr
nichts wird vergessen, nichts in den hintergrund gedrängt
sammeln sich die splitter meiner selbst wie von alleine auf
skizzen, gekritzel, verlorene gesten in grün und gold
ich höre dir neu zu, gebe etwas für etwas, lösche den punkt