Trauer

1
Ein gebrochenes Herz sieht anders.

2
Der Begriff „Trauerarbeit“ impliziert, dass es mit den richtigen Werkzeugen ein Leichtes ist, Trauer abzuhandeln und bei Seite zulegen. Man sollte sich nicht täuschen lassen.

3
Die Künstlerin Evgenia Tsanana betreibt ein „Büro öffentlicher Entlastung“. Hier kann man ihr schlechte Träume erzählen oder „Grüße nach drüben“ schicken. Sie sitzt dabei an einem Holztisch unter freiem Himmel und ritzt auf Wunsch der Besucher*innen die Namen ihrer Toten in Holzstäbe. Die Angehörigen können dazu einen Gruß an die Verstorbenen formulieren oder einen Wunsch für sie verfassen. Hinterher verbrennt Tsanana die Stäbe und lädt ein, gemeinsam eine Totenspeise zu essen.

4
Wann wird das Begräbnis sein, damit ich eine Kerze anzünden kann?

5
Manchmal möchte ich, wenn ich aus dem Krankenhaus rausgehe, nur mehr unversehrte Körper sehen.

6
Ereignisarmut passt nicht zu Erlebnishunger. Ereignisarmut lebt von Nähe. Erst dann entfaltet das Nichtssagende seine Kraft.

7
Es gibt nichts Erregenderes, als beim Verlassen eines Landes mit dem Schiff, von einer wohligen Trauer durchrieselt zu werden, die alles umfasst, das ganze Leben, das ganze Sein, die Welt, und zu fühlen, wie viel mir fehlt, ohne sagen zu können, worin es besteht.

8
Trauer braucht Schonung; man spürt sie erst, wenn sie weg ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert