Brot


1
Ich bringe meine Seele dazu, nichts Irdisches zu vergöttern und mich frei zu machen vom weltlichen Ballast. Gleichzeitig esse ich mein Brot und trinke meinen Wein und wärme mich bei einem Mann, den ich liebe. Welche Farbe hat sie, meine Seele und wie schwer ist sie?

2
Der Künstler bäckt sein Brot im selbstgemauerten Ofen im Garten. Er hat Jahre dafür gebraucht, den perfekten Sauerteig herzustellen. Das Mehl, der Ofen, das Holz, die Zeit. Alles muss in richtiger Ballance zueinander finden. Dann erhält er Brot mit der richtigen Konsistenz, Kruste und Feuchtigkeit im Inneren. Alle drei Wochen heizt er den Ofen an.

3
Ich gehe am Morgen beim Fenster der Krankenhausküche vorbei. Mindestens 8 Personen stehen am Fließband, angezogen mit Schürze, Maske, Handschuhen. Mit dieser Verkleidung ist nahezu niemand erkennbar, alle sehen gleich aus. Sie verteilen die verschiedenen Details des Frühstücks, das die Patient*innen in Kürze bekommen werden, auf Tabletts: Brot, Marmelade, Butter, Kaffee. Ich stelle mir vor, was von dieser Situation noch spürbar ist, wenn das Frühstück bei der Zielperson landet?

4
Gestern Abend habe ich vor lauter Schusseligkeit Jesus und meine Büroschlüssel im Kanal versenkt.

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