Geste


1
Ich verabschiede mich von dir. Deine immer wiederkehrende, vertraute Geste, wie du die Hand hebst, mit der typischen Haltung jedes einzelnen Fingers zueinander, in deinem Tempo, deinem Rhythmus, dieses Wiedererkennungsmerkmal, das dich von allen anderen acht Milliarden Menschen unterscheidet, sehe ich heute, als hätte ich es noch nie gesehen. Ich löse mich auf beim Anblick dieses flüchtigen Augenblicks, der mir in seiner Einmaligkeit fast das Herz bricht.

2
Das Herz ausschütten.
Das stell ich mir jetzt einmal bildlich vor.

3
Ein Handwerker verlässt das Haus. An der Gartentür schüttelt er dem Hausherrn die Hand. Ich sehe das beim Vorbeigehen und zucke kurz zusammen – wir sind doch mitten in einer Pandemie! Danach bin ich lang irritiert von meiner Reaktion.

4
Er liegt im Bett. Sie sitzt neben dem Bett und hält seine Hand. Schlicht ist das. Im Anbetracht seines schnellen Davonmachens bekommt dieses Geschehen teure Bedeutung: das Halten der Hände und ihr Blick wird zur letzten zärtlichen Vertrautheit am Sterbebett.

 

 

 

 

 

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