Ruhe


1
„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. ich will euch erquicken.“ Mt 11,28

2
Ruhe stört die Unruhe unserer Zeit.

3
Die Malerin hat vor 10 Jahren zu malen aufgehört, weil sie die Vernissagen und Ausstellungen nicht mehr ertragen konnte. Sie hatte keine Lust zu erklären, was sie da gemalt hat. Sie hatte keine Lust zu erklären, wie genau die Technik anzuwenden ist, mit der sie arbeitet. Sie hatte keine Lust auf das Event. Jetzt sind wieder die Pferde ihr Gegenüber. Die fragen nicht.

4
„Da geht es jetzt nicht ums Aufpäppeln. Da geht es ums Verabschieden.“
Die Sterbende ist jetzt die Vernünftigere: „Ich möchte meine Ruhe haben. Aber nein, zuerst stürmen die Hunde in mein Zimmer. Dann der Sohn, dann die Schwiegertochter. Dann die Enkelin und dann stürmen alle der Reihe nach wieder hinaus. Ich möchte mein Begräbnis besprechen. Wir leben ja in der Friedhofgasse. Wir haben‘s nicht weit. Da können sie mich ja auf dem Friedhof irgendwo dazugeben. Ich möchte verbrannt werden. Sie können mich auch verstreuen. Ich bin dann ja nicht mehr da. Aber nein, sie kommen damit nicht klar, dass ich sterbe. Deshalb machen sie viel Lärm und Aufsehen um mich nicht einschlafen zu lassen.“
Ihre letzte Worte waren: „Lasst mich doch bitte in Ruhe!“

5
Die ganze Nacht lang schlafe ich gut.
Vorher und nachher gibt es nur einen einzigen Gedanken.

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