Ordnung

1
Aus: Thomas Bernhard, Einfach kompliziert: „Wir existieren nur wenn wir sozusagen der Mittelpunkt der Welt sind.“
2
Leibhaftige Bewusstheit. Präsenz.
3
Das Begräbnis des Nachbarn ist ein kleines Fest. Zum Totenmahl werden wieder einmal Zuckerkipferl serviert. Das ist schon selten geworden, und ich finde es schön. Trotzdem ist mir dabei unwohl, weil ich „so früh schon!“ die Tischgemeinschaft verlasse, um nach Hause zu gehen, weil ich genug habe. Alle schauen mich komisch an. Oder schau nur ich komisch auf die Menschen und täusche mich in der Annahme, dass sie der Ursprung alles Komischen sind?
4
Es braucht großen Mut, sich zu zeigen. Niemand zeigt sich gerne unbarmherzig so, wie er ist, niemand wird gerne so gesehen, wie er ist, mit einer nie ganz zu unterdrückenden Tendenz zum Kleinherzigen, zur Überheblichkeit. Aber es ist doch die Wahrheit, und man wird sie nicht los.
5
Beim Gang aufs Klo sehe ich im Vorbeigehen, wie eine Küchengehilfin an ihrer Unterhose herumfummelt – und das mitten in der Wirtshausküche! Sie erschrickt, als sich unsere Blicke treffen.
6
Manche Leute nehmen sich einfach, was sie brauchen, indem sie gegenüber Eindringlingen ihre Ellenbogen benutzen. Es ist die Magie von Autorität, Geld, Penissen.
7
Ein „In-den-Tag-hineinleben“ gibt es nicht mehr, denn die Einflüsse auf unsere Gehirne sind mittlerweile sehr komplex. Wir haben praktisch Zugang zu allem und müssen auf kaum etwas mehr warten. Bücher, Lieder, Filme … Alles ist sofort verfügbar. Wie soll man da mit der Zeit zurechtkommen? Und diese ganzen Festivals und aalglatten Partys in Grafenegg, Lunz, Litschau und so weiter. Und solche, die spontan aus dem Boden schießen, gibt es kaum noch – oder höchstens einmalig. Bei der Wiederholung ist alles schon wieder glänzend oder verboten, weil es den vielen gesetzlichen Auflagen nicht gerecht wird.
8
Was war noch heute? Nichts, was ich für erwähnenswert halte.